Wenn man von einem Profi geschminkt wird…
London-Termin mit Pixi-Visagistin Amanda Bell
Seit vielen Jahren eine DER Beauty-Adressen in der englischen Hauptstadt: der Pixi Flagship Store, 22 A Foubert’s Pl, im brodelnden Stadtteil Soho. Gleich um die Ecke Liberty, das für mich schönste Kaufhaus, und die quirlige Carnaby Street. Der Londoner Flagship Store von Pixi ist eine echte Beauty-Oase. Ganz korrekt muss es übrigens heißen Pixi by Petra. Denn Petra Strand ist die Erfinderin der Marke. Die erfahrene Make-up-Artistin hatte es sich zum Ziel gesetzt, Produkte für die Haut zu kreieren mit höchst wirksamen und wohltuenden pflanzlichen Inhaltsstoffen. Doch die Seele des Unternehmens ist Amanda Bell, Global Make-up-Artist und Pixi-Botschafterin. Eine faszinierende Frau und Persönlichkeit mit sprühendem, eher unenglischem Temperament. Sie kann auf eine mehr als 20jährige Berufserfahrung im Bereich Beauty zurückgreifen. Als Autorin, als preisgekrönte Produktdesignerin und Visagistin, der es nie an Ideen mangelt, um jede Frau schön aussehen zu lassen. Sie hat schon mit den berühmtesten Models und Fotografen der Welt gearbeitet. Dabei ist Amanda Bell freundlich und bodenständig, erzählt mir von ihrer Faszination für Katzen, während sie mit routinierten Griffen die Müdigkeit aus meinem Gesicht schminkt und mir exakt den richtigen Rotton auf die Lippen legt. Das Interview danach führen wir in einem Vegan-Café um die Ecke auf der Dachterrasse:
Amanda, was sind deine fünf wichtigsten Profi-Tricks?
Weniger ist mehr. Benutze eine möglichst natürliche Foundation, mit der du dich gut fühlst. An Stellen, die etwas mehr abgedeckt werden müssen, verwende Concealer. Das gibt der Haut den makellosen Look. Die Base muss wie eine zweite Haut aussehen. Hast du das Gefühl, dass das Make-up zu schnell verläuft, verwende statt viel Puder lieber ein Fixier-Spray. Ich persönlich mag Transparent-Puder, den ich mit einem Pinsel über der Base auftrage. Er deckt nicht zusätzlich ab und gibt auch nicht mehr Farbe, sondern sorgt lediglich für Perfektion. Der letzte Tipp: Man soll sich immer in der Lichtsituation schminken, in der man sich später aufhält. Deshalb morgens nicht im Badezimmer bei künstlichem Licht sein Make-up auftragen. Das Ergebnis wird im Tageslicht nie gut aussehen.
Ich suche eine neue Foundation, wo teste ich die Farbe am besten?
Die Textur kannst du auf dem Handrücken testen, aber niemals die Farbe. Denn der Hautton auf der Hand entspricht nie dem im Gesicht. Deshalb ein neues Make-up immer im ungeschminkten Gesicht ausprobieren. Etwa an der Kieferlinie einen Streifen auftragen bis zum Hals. Er ist immer etwas blasser, weil er weniger Sonne abkriegt. Der richtige Farbton der Foundation ist der, der mit dem Gesicht und dem Hals verschmilzt.
Du hast eine spezielle Art, die Wimpern zu schminken, richtig?
Ich benutze immer eine Wimpernzange, das ist sehr wichtig. Damit kann man sein Augen-Make-up drastisch minimieren. Mein spezieller Trick ist es, die Wimpern zweimal zu biegen, bevor ich Mascara auftrage: Zuerst nehme ich die Härchen dicht am Wimpernrand zwischen die Zange, dann öffne ich sie wieder und presse ein zweites Mal in der Mitte der Wimpern. Das sieht natürlicher aus und ergibt einer eher fedrigen Effekt, als wenn man sie nur an den Wurzeln steif nach oben biegt.
An welchem Make-up-Produkt sollte man niemals sparen?
An der Foundation. Wir alle sind bei Lippenstift, Lidschatten oder sogar Mascara nicht einer einzigen Marke treu. Aber wenn man mal eine Foundation gefunden hat, die das Beste aus der Haut herausholt, sollte man dabei bleiben. Das schönste Kompliment ist doch, wenn jemand sagt ,deine Haut sieht wundervoll aus‘ als wenn es heißt ,welches Make-up trägst du‘. Ich würde sagen, dass es sich absolut lohnt, in gute Hautpflege, Foundation und Concealer zu investieren.
Gibt es Regeln, wer welche Farben am besten tragen kann?
Wenn einem eine Farbe überhaupt nicht steht, liegt es am Hautunterton. Man unterscheidet zwischen einem warmen, einem neutralen und einem kühlen Teint. Was das bedeutet? Hat die Haut z. B. einen warmen Unterton, wird sie mit kühlen Farben nie natürlich, eher künstlich aussehen, weil sie selbst keine kühlen Anteile besitzt. Benützt man dagegen ein Siena oder Apricot, verschmelzen diese richtiggehend mit der Haut und betonen ihre warme Ausstrahlung. Ansonsten, wenn man sich mit einer Farbe wohlfühlt, sollte man sie ruhig mit Stolz tragen. Hat man allerdings das Gefühl, dass die Farbe eher einen trägt als umgekehrt, sollte man sich seinen Unterton genauer ansehen. Dann kann es helfen, wenn man zu einem Trick greift. Hat man beispielsweise bei warmer Haut einen kühlen Lidschattenton benutzt, der irgendwie nicht passt, gibt man einen warmen Gloss darüber. Schon funktioniert es.
Und wie finde ich meinen Unterton heraus?
Ein warmer Hautton wird im Sommer immer einen Hauch von Gold und Oliv zeigen, ihm Winter eher fahl und etwas langweilig aussehen. Ein kühler Hauttyp mit rosigem Unterton wiederum liebt den Winter, schaut dann fantastisch und vital aus. Mit einem Stück Stoff in Creme und Weiß findet man seinen Unterton am schnellsten heraus: Cremefarben geht Ton in Ton mit warmer Haut und bildet keinen Kontrast. Weiß dagegen macht sie lebendig. Dagegen bringt reines Weiß einem kühlen Hauttyp gar nichts. Ihm verleiht der Cremeton Wärme und Ausstrahlung. Neutrale Hauttypen können beides tragen. Ein weiterer Tipp, um seinen Unterton zu bestimmen, sind die Innenseiten der Handgelenke: Bei einem sehr kühlen Typ schimmern die Venen blau. Bei einer eher geblichen Haut wirken sie grünlich.
Fotos: @aleyahsolomonphotograph
Insta: @aleyahs | @aleyahsolomonphoto
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CultureAndCream-Autorin aus München
Beruflich als Beauty-Journalistin zu reisen, war mir nicht genug. Sechs Monate Weltreise haben auch nicht gereicht. Immer wieder zieht es mich in andere Städte, fremde Länder, zu Roadtrips und an Locations, die man kennenlernen sollte. Mich interessieren nicht nur „culture“ und „cream“, sondern auch Menschen, die Geschichten zu erzählen haben. Auf solche Reisen möchte ich euch mitnehmen.