Die verrückte Welt der Beauty-Journalisten vor und nach Corona
Aus der Welt der Beauty-Journalisten. Meine heutige Kolumne ist zwar etwas für Insider. Für meine Kolleginnen, die das Gleiche erlebt haben wie ich – Männer gibt es nur handverlesen in unserer Branche. Der Rest der Leser wird über meine Erlebnisse vielleicht (hoffentlich!) schmunzeln können. Die etwas Hämischeren unter ihnen werden sagen, sie wussten schon immer, dass Journalisten ein verwöhntes Pack sind, die alles vorne und hinten reingeschoben bekommen, nur damit sie eine positive (Lügen)-Geschichte schreiben. Denen geschieht es recht, daß sich der Wind gedreht hat nach Corona, werden sie sagen.
Ich muss ja zugeben, wir Beauty-Journalisten waren tatsächlich über die vielen, fetten Jahre ein (von der Beauty-Industrie) sehr gepampertes Völkchen. Denn eine gute Platzierung in dem jeweiligen Heft mit einer positiven Berichterstattung hat sich für die Firmen in klingender Münze ausgezahlt. Dabei ist und war es schon damals fraglich, ob es vertretbar ist, dass eine Handvoll Journalisten für einen Nachmittag in die Wüste geflogen wird, nur um der Enthüllung eines neuen Parfums beizuwohnen. Ziemlich dekadent. Und das nicht nur, was den CO2 Fußabdruck betrifft, von dem damals aber noch keiner gesprochen hat.
Für einen Lippenstift jetten Beauty-Journalisten nach Paris
Ich erinnere mich auch noch mit einem lachenden und einem weinenden Auge an eine Pressereise nach Paris. Weinend weil der Trip sau-anstrengend war. Morgens mit der ersten Maschine hin und abends zurück. Sinn der Veranstaltung – sie fand natürlich in einem sehr illustrem Rahmen statt – war es, im Beisein der Presse, einen einzigen, neuen Lippenstift aus der Taufe zu heben. Eine Kollegin von einer überregionalen deutschen Zeitung hat damals eine sehr süffisante Geschichte darüber geschrieben, wie dämlich es sei nur wegen eines Lippenstifts nach Paris zu fliegen. Ich habe mich köstlich über ihren Artikel amüsiert, denn es hat sich tatsächlich so abgehoben abgespielt wie sie es beschrieben hatte.
Aber die Kollegin war auch privilegiert: Sie konnte sich das leisten, weil sie zwar der Einladung gefolgt ist, aber (a) ihr Verlag die Spesen getragen und (b) der Einladende keine Anzeigen in ihrer Zeitung geschaltet hat. Wir anderen durften nur Nettes schreiben, da der Veranstalter schließlich ein Anzeigen-Kunde unser aller Magazine war. Ein böses Wort, und jede von uns hätte noch am selben Tag die Kündigung auf dem Tisch gehabt.
Diese beiden herausragende Episoden liegen mehr als 15 Jahre zurück. Aber auch in den 2010er Jahren gab es noch jede Menge bezahlte Nah- und Fernreisen für die Journalisten, um eine Produkt-Lancierung zu beklatschen.… weiterlesen
CultureAndCream-Autorin aus München
Beruflich als Beauty-Journalistin zu reisen, war mir nicht genug. Sechs Monate Weltreise haben auch nicht gereicht. Immer wieder zieht es mich in andere Städte, fremde Länder, zu Roadtrips und an Locations, die man kennenlernen sollte. Mich interessieren nicht nur „culture“ und „cream“, sondern auch Menschen, die Geschichten zu erzählen haben. Auf solche Reisen möchte ich euch mitnehmen.