Eine Fotografin mit dem Auge der Menschlichkeit
Sie heiĂt Leila Alaoui. Die Arbeiten der französisch-marokkanischen Photo-KĂŒnstlerin fielen mir zum ersten Mal auf bei einer Ausstellung im Bau des neu eröffneten MusĂ©e Yves Saint Laurent Marrakech. PortrĂ€ts von Marokkanern aus den verschiedensten Regionen des Landes – lebensgroĂe und vor schwarzem Hintergrund.
Man steht vor den Bildern und glaubt, man wĂŒrde den Menschen direkt in die Seele schauen. Oder ist es umgekehrt? Ich war so beeindruckt, dass ich mehr ĂŒber Leila Alaoui erfahren wollte. Leider lebt sie nicht mehr. Sie ist 2016 in Burkina Faso bei einem terroristischen Anschlag in Ouagadougou ums Leben gekommen, wĂ€hrend sie ein Foto-Essay fĂŒr Amnesty International vorbereitete. Am 18. Januar 2016 erlag sie mit 33 Jahren ihren schweren Verletzungen. Doch so platt es klingt – in ihren Arbeiten lebt sie weiter. Die Leila Alaoui Foundation, initiiert und gefĂŒhrt von ihrer Mutter Christine, hat es sich zur Aufgabe gemacht, ihre Arbeit und die von ihr vertretenen Werte zu bewahren. Es existieren auch zwei bisher noch unveröffentlichte Projekte aus den Jahren 2014 und 2015.
Im Bus quer durch Marokko
Zur Realisierung ihrer Fotoprojekte hat Leila Alaoui keine MĂŒhen gescheut. FĂŒr die Serie âThe Moroccansâ ist sie mit einem mobilen Studio zwischen 2010 und 2014 kreuz und quer durch ihr Heimatland gefahren. Sie hat Frauen und MĂ€nner aus dem marokkanischen Leben in der Manier von alten GemĂ€lden portrĂ€tiert. Ihre Art der Darstellung wird oft mit Richard Avedon verglichen, einem der gröĂten PortrĂ€tisten des 20. Jahrhundert. Die Menschen sind zumeist von vorne aufgenommen, so daĂ man ihnen direkt in die Augen blickt. Die schwarze Leinwand hebt die Anziehungskraft ihrer Gesichter, – ob alt oder jung – zusĂ€tzlich hervor, trĂ€gt der besonderen Ăsthetik ihrer traditionellen Kleidung und ihrer reichen Kultur Rechnung. Archaische Menschen aus einer rudimentĂ€ren, staubigen Landschaft. Das Buch âThe Moroccansâ kann ich nur empfehlen.
Auf der Suche nach Schicksalen
Aber auch ihre anderen Projekte, die sie in ihrem kurzen KĂŒnstlerleben, das sie hauptsĂ€chlich zwischen New York und Marrakesch verbrachte, zeugen von hoher Empathie gegenĂŒber denen, die sie portrĂ€tierte. Als Tochter einer französischen Mutter und eines marokkanischen Vaters kannte Leila Alaoui die Schwierigkeiten eines Lebens zwischen Afrika und Europa. In ihrer Serie âNo pasaraâ dokumentierte sie 2008 das Leben und die TrĂ€ume junger Marokkaner, die auf eine bessere Zukunft jenseits des Mittelmeeres hofften. Noch ein Jahr vor ihrem Tod realisierte sie ein Video-Projekt mit dem Titel âCrossingâ. Darin hielt sie die traumatischen Erfahrungen von Sub-Sahara-FlĂŒchtlingen, die mit einem Boot versuchen, die KĂŒste Europas zu erreichen.… weiterlesen
CultureAndCream-Autorin aus MĂŒnchen
Beruflich als Beauty-Journalistin zu reisen, war mir nicht genug. Sechs Monate Weltreise haben auch nicht gereicht. Immer wieder zieht es mich in andere StĂ€dte, fremde LĂ€nder, zu Roadtrips und an Locations, die man kennenlernen sollte. Mich interessieren nicht nur âcultureâ und âcreamâ, sondern auch Menschen, die Geschichten zu erzĂ€hlen haben. Auf solche Reisen möchte ich euch mitnehmen.