Der Weg nach Hause geht nur durch die „Sandbox“
Seit 1. Juli 2021 hat Thailand als erstes asiatisches Land die Einreise für geimpfte Personen nach Phuket mit einem obligatorischen Aufenthalt von 14 Nächten, dem so genannten „Phuket Sandbox“-Modell, erlaubt. Dorthin musste sich auch unsere in Thailand ansässige Autorin Melanie Rüdiger begeben nach einem notwendigen Aufenthalt in Deutschland. Eine Rückreise mit vielen Hindernissen.
Eigentlich wollte ich 2020 wie jedes Jahr im Juni nach Deutschland fliegen. Aufgrund Corona wurde mein Flug immer wieder verschoben und schließlich ganz gecancelt. Ich beschloß, die Pandemie in Thailand auszusitzen. Außerdem wollte ich das Land nicht verlassen, aus Angst, nicht zu meinem Mann zurückkehren zu dürfen. Dann starb mitten in der Corona-Hochphase im Februar 2021 mein einziger Onkel. Ich musste nach München, um seinen letzten Willen zu erfüllen.
Nicht so einfach! Nachdem es ein Jahr lang sehr ruhig war in Thailand, waren die Corona-Zahlen mittlerweile angestiegen. Alle Flughäfen, selbst Bangkok, wurden geschlossen. Die Ein- und Ausreise war einzig über das etwa 160 km entfernte Phuket möglich, doch der Weg dahin war Ungeimpften wie mir nicht erlaubt. Meine beiden Impfungen sollte ich in München bekommen, da diese bis heute in Thailand nicht für die breite Masse verfügbar sind. Also buchte ich einen Business-Class-Sondertarif der Qatar Airways, um mit möglichst wenigen Menschen in Kontakt zu kommen, und hoffte, dass ich und mein ebenfalls ungeimpfter Fahrer irgendwie mit dem obligatorischen PCR-Test zum Flughafen durchgelassen würden. Viel Aufregung, unendliche Diskussionen um die Gültigkeit meiner Papiere. Um Mitternacht fiel ich erschöpft in meinen Flugzeugsitz.
Unendlicher Papierkram für die Rückreise
Sobald ich in München die zweite Impfung erhalten hatte, machte ich mich an die Beantragung des „Certificate of Entry“ (COE), der Einreisegenehmigung für Thailand. Zunächst musste ich auf eine spezielle Website der thailändischen Regierung die üblichen Papiere hochladen: Visum, Re-entry Permit, eine Pass-Kopie meines thailändischen Ehemannes, unsere Heiratsurkunde und natürlich die Impfnachweise. Innerhalb von zwei Tagen erhielt ich die Vorabgenehmigung des thailändischen Generalkonsulats in München per E-Mail.
Schritt 2 war weitaus aufwändiger: Für den Aufenthalt in der „Sandbox“ durften nur zertifizierte Hotels gebucht werden und alles inklusive Transfers und drei PCR-Tests für 8.000 Baht (ca. 200 Euro) musste vorab bezahlt werden. Ich hatte mich für das Modell „Phuket Sandbox 7+7 Extension“ entschieden. Das heißt, die ersten sieben Nächte muss man sich ausschließlich auf Phuket aufhalten, selbst Bootsausflüge sind nicht erlaubt. Die folgenden sieben Nächte darf man an ausgewählten Orten in benachbarten Provinzen verbringen. Ich wollte nach „Koh Yao Noi“, wo wir unsere Flitterwochen nachgeholt hatten.
Als das alles erledigt war, bekam ich die erforderlichen Codes, die wiederum zusammen mit weiteren Dokumenten auf die Website der Regierung hochgeladen werden mussten. Wieder drei Tage später erreichte mich das finale COE. Noch einen PCR-Test vor dem Abflug, und es konnte es losgehen in die „Sandbox“.
Ankunft in Phuket
Am Flughafen erwartet uns eine Armada von Thais in kompletter Schutzausrüstung. Jeweils eine/r stürzt sich auf einen Ankömmling, überprüft dessen Einreisepapiere und aktiviert die Tracking-App der Regierung. Die musste jeder vorab auf sein Handy laden. Dann geht es weiter zum Gesundheitsinspektor, der die Daten an die Gesundheitsbehörde weiterleitet und zur Einwanderungsbehörde. Mein Gepäck steht schon bereit, und ich verlasse den Flughafen in Richtung der Testboxen für den ersten der drei PCR-Tests. Dort nimmt mich sofort eine Angestellte meines gebuchten Hotels in Empfang, damit ich mich nicht auf eigene Faust davon mache.
Im Novotel Phuket Kamala Beach angekommen wird mir erklärt, dass ich mich sofort auf mein Zimmer begeben müsse und es erst nach Mitteilung des Testergebnisses verlassen dürfte. Das käme spätestens innerhalb der nächsten 24 Stunden. Außerdem müsste ich mich jeden Tag an der Rezeption zum täglichen Scan meiner App und zur Kontrolle der Körpertemperatur melden. Mein Pass und alle Dokumente werden fotografiert und nochmal an die Gesundheitsbehörde übermittelt. Der Hotelpage stellt mein umfangreiches Gepäck – schließlich musste neben dem normalen Gepäck und den Mitbringseln eine Urlaubsgarderobe für zwei Wochen und eine Yogamatte mit – vor der Zimmertür ab. Er dürfe nicht hineinkommen, sagt er. Dann fällt die Tür hinter mir ins Schloss, und ich bin allein.
Gebucht hatte ich online über Agoda das angepriesene „Quarantäne-Paket“ mit drei Mahlzeiten und Hygieneausstattung. Doch die hielten ihre Zusagen nicht. Dementsprechend erwartet mich auf meinem Zimmer – nichts. Keine Hotel-Informationen. Die Minibar ist entsprechend der Corona-Vorschriften leer bis auf einen laminierten Zettel, der besagt, dass sämtliche Annehmlichkeiten angefordert werden müssen. Dafür stehen diverse QR-Codes herum, mit denen man das Menü und das Spa-Angebot herunterladen kann. Ich mache erstmal ein Nickerchen und bestelle Abendessen beim Zimmerservice. Es kommt in Plastik verpackt und wird ebenfalls vor der Zimmertür abgestellt. Um 21 Uhr ruft die Dame von der Rezeption an, dass mein Test negativ war und ich mich frei bewegen dürfte.
1. Quarantäne auf der Touristen-Insel
Tag 1 und 2: Am ersten Tag schlafe ich bis Mittag und mache mich trotz Mittagshitze auf den Weg entlang des Strandes, um die Gegend zu erkunden und vielleicht ein paar Früchte und Streetfood zu kaufen. Das Meer ist türkisblau mit einer leichten Brandung. Trotzdem ist der Strand menschenleer. Alles was mal eine Strandbar oder ein Thai-Massage-Pavillion war, sieht ziemlich heruntergekommen aus oder hat ganz geschlossen. Hinter der Reihe der Strandhotels befindet sich eine Schnellstraße. Streetfood? Fehlanzeige! Also zurück an den Pool im Hotel. Dieses ist anders als sonst voller Alleinreisender, kaum überraschend bin ich die einzige Frau. Die wenigen Paare sind überwiegend westliche Männer mit Thai-Frauen.
Tag 3 und 4: Ich wache im Morgengrauen von einem lauten Tosen auf. Komisch, denke ich, die Klimaanlage arbeitet heute heftig. Da bemerke ich, dass sich die Palme vor meinem Balkon im Sturm biegt. Das schöne Wetter des Vortags ist wie weggeblasen, der Himmel ist wolkenverhangen und es schüttet. Ein perfekter Tag für das Spa. Ich bekomme problemlos einen Termin und werde für mein zweistündiges Treatment in den größten Raum des geschmackvoll eingerichteten Wellness-Tempels geführt. Ich erfahre, dass das Spa, das eigentlich 12 Kabinen bietet, zurzeit meist leer steht. Männer sind wohl keine Spa-Kunden.
Tag 5: Ich muss zu meinem zweiten vorausbezahlten PCR-Test in die “Laguna”, einem seit den 80er Jahren auf dem Gebiet einer ehemaligen Zinn-Mine entwickelten Luxus-Immobilienprojekt mit mehreren Binnenseen direkt an der Küste. In einem verwaisten Shopping-Village ist das Testzentrum eingerichtet. Der Test ist schnell erledigt. Und da ich für den Tag meinen Fahrer Jack angeheuert habe, nutze ich die Gelegenheit, etwas von Phuket zu sehen. Leider hat sich das Wetter immer noch nicht gebessert. Der 45 Meter „Große Buddha von Phuket“ aus Marmor, in den 2000er Jahren auf einem Hügel in Inselmitte erbaut, ist in dichten Nebel eingehüllt. Als ich Phuket zwei Tage später verlasse, bildet meine Tracking-App unsere Tour exakt ab…
Tag 7: Meine sieben Nächte in Phuket sind vorbei. Noch ein „daily scan“ und ein Temperaturcheck, dann bekomme ich das offizielle Transferformular der Gesundheitsbehörde ausgehändigt. Jack bringt mich an den Pier, wo mich bereits eine Angestellte des nächsten Hotels, „Paradise Koh Yao“ erwartet, um die Formalitäten abzuwickeln. Wieder werden meine Dokumente fotografiert und meine Temperatur gescannt. Der QR-Code aus der App wird eingelesen, und ich muss durch eine Gesichtserkennungsschranke, wo prompt mein Name angezeigt wird. Nichts für Datenschutzverfechter!
Auf der halbstündigen Fahrt mit dem Speedboot zum „Paradise Koh Yao“ lerne ich ein Paar aus Tschechien, Hana und Tomáš, kennen. Auf meine neugierige Frage, weshalb sie in der Sandbox sind, erzählen sie mir, dass sie zwei Wochen Urlaub machen. Sie wollten unbedingt Thailand „wie vor 20 Jahren“, ohne Touristenmassen, erleben, und derzeit sind die meisten Hotels im Luxussegment erschwinglich. Sie fügen aber auch hinzu, wenn sie gewusst hätten, mit welchem bürokratischen Aufwand die Reise verbunden ist, hätten sie sich wohl ein anderes Ziel gesucht.
2. Quarantäne im „Paradies“
Bei der Ankunft im „Paradise Koh Yao“ erwartet uns die übliche Prozedur. Schließlich werde ich mit dem elektrischen Buggy auf mein Zimmer gebracht. Welch Überraschung! Ich habe ein Upgrade bekommen, und das Hotel hat mir aufmerksamerweise dasselbe „Zimmer“, vielmehr eine Plunge Pool Villa wie beim letzten Mal, zur Verfügung gestellt.
Da das Hotel in einer abgeschiedenen privaten Bucht liegt, von der man nicht einfach ins nächste Dorf läuft, gehe ich ins „Activity Center“, um ein paar Boot-Trips zu buchen und Inseln zu besuchen, die sonst völlig überlaufen sind. Ich erfahre, dass fast alle Inseln zur Nachbarprovinz Krabi gehören, und die dürfte ich nicht betreten, da ich in Pha Nga unter Quarantäne stehe. Schließlich buche ich einen Yogakurs, der mangels anderer Teilnehmer zum Einzelunterricht wird, und melde mich bei meinem alten Lehrer Loh für eine weitere Batik-Stunde an.
Tag 10: Schon länger hatte das Gerücht die Runde gemacht, dass ab 1. Oktober die Quarantäne-Dauer für alle Einreisenden verkürzt werden sollte. Plötzlich überschlagen sich die Ereignisse für uns, die wir noch in der „Sandbox“ sitzen. Nachdem ich bereits zehn Nächte in Quarantäne verbracht und zwei PCR-Tests in Thailand absolviert habe, wird der dritte abgesagt. Das Hotel drückt mir ein Entlassungsformular in die Hand, und ich bin frei, endlich nach Hause auf Ko Siboya zu fahren.
Anmerkung: Die Einreisebedingungen für Thailand ändern sich derzeit laufend. Mittlerweile ist der Pflichtaufenthalt auf Phuket entfallen, die Pflicht zur Quarantäne bei Einreise besteht jedoch immer noch. Laut dem thailändischen Ministerpräsidenten Prayut Chan-o-cha soll diese als Pilotprojekt für einige Länder ab 1.11.2021 wegfallen. Es soll ingesamt zehn Länder mit geringer Corona-Inzidenz betreffen. Darunter sind neben Deutschland auch die USA, Singapur und China.
Seit ich 2014 den Großstadtdschungel gegen einen echten Dschungel eingetauscht habe, lebe ich in zwei Welten. Als Dipl. Ing. Architektin in Deutschland befasse ich mich mit Großprojekten aus Beton und Stahl. Ich begeistere mich für skandinavische Baukunst und zeitloses Design. Auf unserer Ziegenfarm in Thailand gibt es nichts Aufregenderes als die Geburt eines neuen Zickleins. Nebenher finde ich immer irgendetwas umzugestalten und neue Handwerkstechniken zu erlernen. Mit Begeisterung lerne ich neue Sprachen, wobei Thailändisch bislang die größte Herausforderung darstellt.