Alkohol macht schneller alt
Geburtstage, Weihnachten, der Masterabschluß – Wann immer in unserer Kultur gefeiert wird, Alkohol gehört quasi dazu. Und wenn man dann so gemütlich zusammensitzt, trinkt man auch gerne mal einen über den Durst. Wer denkt da schon an seine Haut. Aber Fakt ist, dass die Haut fast einen Monat braucht, bis sie sich von einer einzigen durchzechten Nacht erholt hat.
„Für den Körper ist Alkohol eine giftige Substanz“, bestätigt die englische Ernährungsberaterin Lorna Driver-Davies. Unser Organismus versucht, ihn so schnell wie möglich mit Hilfe seines Hauptentgiftungsorgans, der Leber, wieder abzubauen. Während dieses Prozesses verstoffwechselt die Leber den Alkohol in eine sogar noch giftigere Substanz namens Acetaldehyd. Um diese weniger schädlich zu machen, werden Nährstoffe, Mineralien und Antioxidantien zu Hilfe genommen.“
An anderer Stelle im Körper fehlen dann genau diese Bausteine, die wichtig sind, wenn es etwa um Zellerneuerung geht oder den Alterungsprozess zu verlangsamen, Pickel vorzubeugen und Feuchtigkeit zu binden. Weil unsere Haut jedoch kein lebenswichtiges Organ ist, zieht unser Organismus zuerst einmal den Alkoholabbau vor zu Lasten der Versorgung der Haut.
Ein Zuviel ist schnell erreicht. Man glaubt es kaum, aber ein Glas Champagner oder Sekt liegt mit 26,4 Gramm reinem Alkohol bereits über der für Frauen empfohlenen Tagesmenge von 20 Gramm (Männer 30 Gramm). Und bei einem Glas bleibt es ja meist nicht. Wer intensiv ausgeht, bringt es in der Woche gut und gerne auf 8 bis 10 Cocktails, das sind jeweils mindestens 33 Gramm reiner Alkohol. Das geht auch an der Haut nicht spurlos vorüber.
Alkohol schwächt das Immunsystem
Genau wie Nikotin lässt auch regelmäßiger Alkohol-Konsum die Haut frühzeitig altern. Zudem begünstigt er eine Reihe von Hautkrankheiten und verursacht Pickel, weil er die Talgdrüsen stimuliert. Mitesser entzünden sich leichter, weil Alkohol das Immunsystem schwächt. Rauschtrinken behindert nachweislich das Immunsystem bis zu 24 Stunden lang. Bestimmte Eiweiße, sogenannte Zytokine, die als Signalgeber an der Abwehr von Infektionen beteiligt sind, werden ausgebremst. Die Folge: Wir werden anfälliger für Infektionen. Keime und Viren können ungehindert in den Organismus eindringen. Beispielsweise entstehen Akne und Pilzbefall.
Die Versorgung mit Nährstoffen funktioniert nicht mehr reibungslos. Ein Mangel an Vitaminen hat sichtbare Folgen für die Haut: zu wenig Vitamin B lässt sie rissig und schuppig werden, bei zu wenig Vitamin C schwächelt das Bindegewebe und wird schlaff. Auch schlummernde Hauterkrankungen wie Rosazea können durch übermäßigen alkoholischen Konsum ausbrechen. Es gibt Untersuchungen, die darauf hindeuten, dass besonders Frauen davon betroffen sind.
New Yorks Ernährungsexperte Dr. Jairo Rodriguez, zu dessen Klientel die US-Prominenz von Designer Michael Kors bis Ex-Model Heidi Klum zählt, nimmt dabei Alkohol kein Blatt vor den Mund: „Alkohol ist eine der schlimmsten und aggressivsten Komponenten, um die Haut zu zerstören. Ich sage meinen Patienten immer ‚Wenn Sie älter aussehen wollen, trinken Sie ruhig weiter!‘“
Alkohol ist Zucker
„Grundsätzlich ist Alkohol Zucker, nur mit 50 Prozent mehr Kalorien“, sagt Dr. Michael Prager, Dermatologe in London. „Ein Gramm Fett hat 9 Kilokalorien, Kohlenhydrate 4,5 und Alkohol 7. Aber Zucker ist schuld an der Glykosierung, einer Versteifung der elastinen und kollagenen Fasern. Er lässt Zellen und Gewebe durch ein erhöhtes Insulin-Level altern, bringt Veränderungen in der DNA und die Oxidation im Gewebe. Dies wirkt sich auf vielfältige Weise auf die Zellen aus: Es kann Schäden durch freie Radikale verursachen, die Zellproliferation und die Kollagenproduktion verringern.“
Nicht zuletzt wirkt Alkohol wie ein Diuretikum, das dem Körper Wasser entzieht. Die Nährstoffaufnahme wird beeinträchtigt, und man hat ein Verlangen nach Salz. Bei Frauen verändert er die Hormone, indem er den Testosteron-Spiegel erhöht. Auf Dauer führt das nicht nur zu Pickeln, sondern bei dauerndem Alkohol-Missbrauch zu einer Vermännlichung der Optik: Die weibliche Taille verschwindet, es kommt zu einer fassartigen Mitte, einem aufgedunsenen Gesicht, dünnen Beinen und Haarverlust.
Laut dem Dermatologen Dr. Harold Lancer aus Los Angeles, Teint-Guru von Scarlett Johansson, Victoria Beckham und Kim Kardashian, kann es bis zu einem Monat dauern, bis sich unsere Haut von einem einzigen Kater erholt hat. An jedem Filmset sind alkoholische Getränke tabu. Das heißt jetzt nicht, dass man nicht ab und zu ein Glas Rotwein trinken darf, aber mehr sollte es nicht sein. Über das vielfach empfohlene fette Katerfrühstück am nächsten Morgen sagt Lancer: „Da könnten Sie sich genauso gut Unreinheiten ins Gesicht malen.“
Alkoholkonsum: wenig und selten
Oberste Regel, um die negativen Auswirkungen von Alkohol auf die Haut zu vermeiden, lautet: maßhalten! Wer nicht regelmäßig trinkt und dann nicht über die Stränge schlägt, darf sein Glas Wein oder Prosecco ohne schlechtes Gewissen genießen. Vorsicht vor Cocktails und Mischgetränken mit Softdrinks. Sie sind eine wahre Zuckerfalle, die den Insulin-Spiegel pushen und damit verstärkt zu Hautentzündungen (Akne) führen. Und: Salzhaltige Spirituosen schwemmen das Gewebe auf.
Es reicht schon eine einzige feucht-fröhliche Nacht, um Entzündungen zu triggern, die dann rote Flecken, vergrößerte Poren, Schwellungen und eine dehydrierte Haut hervorrufen. Wer glaubt, mit ausgiebiger Pflege gegensteuern zu können, irrt. Denn selbst die teuersten und besten Produkte diese Welt können nur wenig ausrichten, wenn man ständig mit Alkohol sündigt.
CultureAndCream-Autorin aus München
Beruflich als Beauty-Journalistin zu reisen, war mir nicht genug. Sechs Monate Weltreise haben auch nicht gereicht. Immer wieder zieht es mich in andere Städte, fremde Länder, zu Roadtrips und an Locations, die man kennenlernen sollte. Mich interessieren nicht nur „culture“ und „cream“, sondern auch Menschen, die Geschichten zu erzählen haben. Auf solche Reisen möchte ich euch mitnehmen.