Glykation: Lassen Sie sich nicht verzuckern!
Glykation oder Glykierung nennen die Wissenschaftler die „Verzuckerung“ von Gewebebestandteilen. In der Haut sind vor allem Kollagen und Elastin davon betroffen. Versteifte Fasern bedeuten, dass die Haut gerade in den Zonen von Wangen und Kinnkontur sichtbar an Spannkraft und Elastizität verliert und insgesamt schneller altert. Ein wirksames Mittel, diesen Prozess rückgängig zu machen, gibt es bisher noch nicht – obwohl manche Kosmetik-Hersteller das in Aussicht stellen. Ein kleiner Trost: Durch Prävention lässt sich Schlimmeres verhindern.
Glykation? Wie kommt es eigentlich zu dieser Verzuckerung? Chemisch gesehen reagiert der Körper mit Proteinen oder Lipiden und bildet sogenannte AGEs (Advanced Glycation Endproducts). Dazu müssen wir noch nicht mal ständig Süßigkeiten naschen. Wir nehmen die Glykations-Endprodukte zwar vorwiegend über Traubenzucker (Glukose) und Fruchtzucker (Fruktose) auf, aber ebenso in gebratener, gegrillter, gerösteter oder gebackener Nahrung. Hauptsächlich enthalten sind die AGEs in der braunen äußeren Schicht, die sich beim Erhitzen der Lebensmittel bildet wie Bratenhaut oder Brotkruste.
Auch bei angebrannter Milch findet eine Reaktion von Protein- und Fettmolekülen mit Zuckermolekülen, also eine Glykierung, statt. Das hat 1912 der französische Biochemiker Louis Maillard bewiesen. Der gleiche Prozess läuft in unserem Organismus ab, wenn übermäßig viel Zucker in den Blutkreislauf gelangt. Nur geschieht das wesentlich langsamer als im überhitzten Milchtopf, da unsere Körpertemperatur auch niedriger ist. Dass bei einem Overload an Süßem der Blutzucker in die Höhe schießt, liegt daran, dass dieser Überschuss nicht über die Nieren ausgeschieden werden kann.
Glykation schädigt den Organismus
AGEs lassen nicht nur die Haut schneller altern. Die „Überzuckerung“ ist Auslöser für verschiedenste Krankheiten. Sie fördert Herz-Kreislauf-Erkrankungen, indem sie die Arterien verstopft. Ebenso ist sie bei Diabetes, Osteoporose, Arthritis und chronischen Nierenerkrankungen mit im Spiel. Selbst bei grauem Star und im Gehirn von Alzheimer-Patienten konnten vermehrt AGE-Konzentrationen nachgewiesen werden.
Aber zurück zur Haut. Dort überziehen die Zucker-Protein-Verbindungen die kollagenen und elastinen Fasern. Dadurch versteifen diese Strukturproteine, sie büßen ihre Fähigkeit ein, gesunde, neue Zellen zu bilden. In Folge bleiben feine Linien und Falten sichtbar, weil die Haut sie nicht mehr auf natürliche Weise ausgleichen kann und auch weniger Feuchtigkeit speichert. Sie sieht fahler und insgesamt älter aus, ist weniger straff und elastisch. Auch die gefürchtete Erschlaffung („Sagging“) setzt wesentlich früher ein als biologisch vorgesehen.
Achten Sie auf den glykämischen Index
Die WHO (Weltgesundheitsorganisation) empfiehlt für Erwachsene eine tägliche Zuckerration, die fünf Prozent der Gesamt-Kalorienmenge nicht übersteigt. Das entspricht zum Beispiel zwei Äpfeln, oder einem Apfel plus 100 Gramm Beeren, 200 Gramm Vollkornreis. Bevorzugen sollte man Lebensmittel, die den Blutdruck senken. Dazu zählen grünes Blattgemüse, Zwiebeln, Hafer, Ingwer, Grapefruit, Blaubeeren und Nüsse, aber auch Gewürze wie Knoblauch, Chili und Zimt.
Weitgehend streichen von seinem Speiseplan sollte man einfache Kohlenhydrate aus Einfach- und Zweifachzuckern. Diese stecken nicht nur im weißen, raffinierten Haushaltszucker, in Trauben-, Frucht-, Malz- und Milch-Zucker, sie verstecken sich auch in Fertiggerichten, Limonaden und Alkohol. Auch Kohlenhydrate, die nicht süß schmecken wie Weißbrot und Bananen, lassen den Blutzucker rapide ansteigen. Um sich im Wirrwarr von blutdrucksenkenden und blutdrucktreibenden Kohlenhydraten zurechtzufinden, ist der glykämische Index ein guter Richtwert.
Dazu sagt Dr. Christian Merkel, Dermatologe am Haut- und Laser-Zentrum an der Oper in München: „Lebensmittel mit einem niedrigen Indexwert verarbeitet der Körper einfacher. Das Risiko für eine Verzuckerung ist hier geringer. Ebenso essenziell sind Antioxidantien. Sie schützen vor Entzündungen, die Falten begünstigen.“ Reich an Antioxidantien, die die Lebensdauer von Hautzellen verlängern und ihre Glykation hemmen. Das sind zum Beispiel Lebensmittel wie grüner Tee, Vitamin-C-haltiges Obst und Gemüse wie Granatäpfel, Zitrusfrüchte und Paprika.
Ist Glykation in der Haut reversibel ?
Nach jetzigem Stand der Wissenschaft gibt es kein Mittel, das die Uhr zurückdrehen und die Verzuckerung nachweislich rückgängig machen kann. Forscher arbeiten seit Jahren daran. Und es gibt auch immer wieder gute Ansätze, aber der „lebende“ Beweis fehlt noch. BASF will mit dem Wirkstoff Collrepair DG die Lösung gefunden haben. Es ist eine Verbindung aus Rotwurzelsalbei und Niacin (Vitamin B3). In internen Studien wurde lediglich nachgewiesen, dass eine Gelbfärbung der Haut, die mit der AGE-Ansammlung in Verbindung gebracht wird, unter Gabe von 3 Prozent Collrepair DG über vier Monate zurückgegangen ist.
Eine andere Substanz, die die Glykosierungsreaktion in der Haut zumindest verzögern und dem oxidativen Alterungsprozess vorbeugen kann, nennt sich Ameliox von Mibelle Biochemistry. Es ist eine liposomale Wirkstoff-Kombination mit Silymarin (Milchdistelextrakt) und Tocopherol, zwei powervolle öllösliche Antioxidantien. Andere Brands wie Isdin setzen L-Carnosine ein, um die Kollagenfasern vor einer weiteren Versteifung zu schützen. L-Carnosin setzt sich aus den Aminosäuren Alanin und Histidin zusammen. Als Immun-Stimulanz unterstützt es die Zellerneuerung und besitzt Anti-Glykationseigenschaften. Auf das verjüngende Wundermittel müssen wir also noch warten, aber vorbeugend können wir schon mal.
CultureAndCream-Autorin aus München
Beruflich als Beauty-Journalistin zu reisen, war mir nicht genug. Sechs Monate Weltreise haben auch nicht gereicht. Immer wieder zieht es mich in andere Städte, fremde Länder, zu Roadtrips und an Locations, die man kennenlernen sollte. Mich interessieren nicht nur „culture“ und „cream“, sondern auch Menschen, die Geschichten zu erzählen haben. Auf solche Reisen möchte ich euch mitnehmen.