Generation Y – Ist ihr Selbstbewusstsein gesund oder narzisstisch?
Generation Y ist die als erste Generation, die mit digitalen Medien aufgewachsen ist. Man bezeichnet sie deshalb auch als „Digital Natives“. Sind die sozialen Medien für sie ein Fluch oder ein Segen in puncto Selbstbewusstsein. Dr. Yana Fehse, Psychologin und Mindset-Coach, gibt Antworten in diesem Interview.
Typisch Generation Y. Schnell ein Selfie geknipst, mit einem Filter verschönert und zack – online. Formen soziale Medien Selbstdarsteller, die es kaum erwarten können, die eigene Nase in die Kamera zu halten? Oder sind Plattformen wie Instagram, Facebook und Co. lediglich die angemessene Bühne für das wahre Talent der Generation Y?
Dr. Yana Fehse: Tatsächlich beides! Das ist wie bei einer Medaille, bei der es immer zwei Seiten gibt – und das ist hier nicht anders. Einerseits gibt es die Selbstdarsteller der Generation Y, die ein starkes Bedürfnis haben, ihre Erfolge, ihr Aussehen oder ihre Abenteuer der Welt mitzuteilen, um so möglichst viele positive Reaktionen und Bestätigungen von anderen zu erhalten. Bei diesen kann es so sein, dass sie übermäßig viel Zeit und Aufmerksamkeit in die Erstellung des perfekten Selfies oder die Inszenierung des eigenen Lebens investieren.
Andererseits bieten soziale Medien eine Plattform für kreativen Ausdruck, Inspiration und das Teilen von Talenten. Viele Künstler, Fotografen, Autoren und andere kreative Menschen nutzen diese Plattformen, um ihre Arbeiten einem breiten Publikum zugänglich zu machen und sich mit Gleichgesinnten zu vernetzen. Auch für die Generation Y, die als erste Generation mit digitalen Medien aufgewachsen ist, können soziale Medien eine sehr gute Möglichkeit sein, ihre kreativen Fähigkeiten und Interessen zu präsentieren.
Mit dem ständigen Drang, uns und unsere Erlebnisse online zu präsentieren, könnten wir uns ja fast selbst zum Mittelpunkt des Universums erklären. Aber ist das wirklich ein Phänomen der jüngeren Generationen? Und ist es nicht eigentlich nur menschlich, unser Leben und unsere Erfahrungen zu feiern und uns dabei auch mal in Szene zu setzen?
Dr. Yana Fehse: Der Drang, sich selbst und das eigene Leben online zu präsentieren, betrifft nicht ausschließlich jüngere Generationen, sondern kann in allen Altersgruppen beobachtet werden. Außerdem ist dieses Verhalten nichts Neues. Menschen haben zu allen Zeiten mitunter den Wunsch gehabt, sich ihren Zeitgenossen zu präsentieren und so auch der Nachwelt in Erinnerung zu bleiben, wobei stets alle zur Verfügung stehenden Möglichkeiten genutzt wurden.
Es liegt eben in unserer menschlichen Natur, etwas Besonderes zu sein und von anderen als bedeutend wahrgenommen zu werden. Natürlich war und ist dieses Bedürfnis bei Menschen unterschiedlich ausgeprägt. Früher wurden Bilder „geschönt“ gemalt und der Inhalt von Büchern „frisiert“. Heutzutage gibt es die sozialen Medien als moderne Variante der Präsentationsplattform, um diese Bedürfnisse auszudrücken und sich mit anderen zu verbinden.
Besonders unter jüngeren Menschen wie den Vertretern der Generation Y sind soziale Medien populär. Das liegt sicherlich daran, dass sie damit aufgewachsen sind. Sie haben keine inneren Vorbehalte oder Berührungsängste wie viele ältere Menschen, die als junge Menschen nur Schnur-Telefon und Briefpost als wesentliche Kommunikationsmittel kannten. Da fehlt eben häufig die Selbstverständlichkeit im Umgang mit der digitalen Technik, wie sie bei der Generation Y vorhanden ist. Nicht umsonst heißt diese Generation auch „Digital Natives“.
Allerdings ist wie so oft nicht alles Gold was glänzt. Wie bereits erwähnt, gibt es auch bei Social Media zwei Medaillenseiten. Auch wenn soziale Medien nicht mehr aus unserem Leben wegzudenken sind und gigantische Chancen bieten, sollte man sich bewusst sein, dass sie sich durchaus negativ auf unser Wohlbefinden auswirken können. Denn der ständige Fokus auf die Präsentation des eigenen Lebens kann zu einem übermäßigen Streben nach Aufmerksamkeit und Bestätigung durch Dritte führen.
Das macht etwas in der Regel mit uns. Manche Menschen können sich dadurch unter Druck gesetzt fühlen, ein perfektes Bild von sich selbst zu vermitteln. Sie können auf diese Weise ein geringeres Selbstwertgefühl entwickeln und unzufrieden werden, wenn das nicht so hinhaut, wie sie das erwarten.
Die Chance ist sogar sehr groß, angesichts der Fülle der Vergleichspersonen bei Social Media auf etliche anderen User zu treffen, die vermeintlich erfolgreicher, schöner und glücklicher sind. Dabei gerät aus dem Fokus, dass Social Media nur einen Teil der Realität abbildet – und es viel wichtiger ist, auf ein gesundes Gleichgewicht der einzelnen Lebensbereiche zu achten und sich bewusst zu machen, dass das wahre Glück und die Erfüllung im Leben nicht ausschließlich von der Online-Präsenz abhängen.
Gibt es nicht auch positive Effekte von sozialen Medien auf das Selbstbewusstsein, wie zum Beispiel die Möglichkeit, Gleichgesinnte zu finden und sich in Online-Communities auszutauschen?
Dr. Yana Fehse: Ja, es gibt definitiv diese positiven Effekte von sozialen Medien auf das Selbstbewusstsein. Online-Communities bieten natürlich auch eine Plattform, auf der Menschen ihre Leidenschaften und Talente teilen, Ratschläge erhalten und von anderen lernen können. Durch den Austausch von Erfahrungen und Meinungen können individuelle Perspektiven erweitert und neue Einsichten gewonnen werden. Dies kann durchaus zu einem Gefühl der Bestätigung und des Selbstbewusstseins führen, wenn man feststellt, dass man mit anderen Menschen verbunden ist, die ähnliche Erfahrungen oder Interessen haben.
Darüber hinaus können soziale Medien auch die Möglichkeit bieten, positive Rückmeldungen und Unterstützung von anderen Nutzern zu erhalten. Likes, positive Kommentare und Nachrichten können als eine Art virtuelles soziales Feedback dienen und so das Selbstvertrauen stärken.
Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass die Auswirkungen von sozialen Medien auf das Selbstvertrauen individuell variieren können. Ein gesunder, maßvoller Umgang mit sozialen Medien und ein Bewusstsein für mögliche negative Auswirkungen sind entscheidend, um das Beste aus den positiven Aspekten herauszuholen und gleichzeitig das eigene Wohlbefinden zu schützen. In meinem Buch „Radikales Selbstvertrauen“ können Sie mehr zu dem Thema soziale Medien und deren Auswirkung auf unser Selbstwertgefühl lesen. Dort finden Sie auch eine Anleitung, wie man in sieben Schritten sein Selbstvertrauen nachhaltig stärken kann.
CultureAndCream-Autorin aus München
Beruflich als Beauty-Journalistin zu reisen, war mir nicht genug. Sechs Monate Weltreise haben auch nicht gereicht. Immer wieder zieht es mich in andere Städte, fremde Länder, zu Roadtrips und an Locations, die man kennenlernen sollte. Mich interessieren nicht nur „culture“ und „cream“, sondern auch Menschen, die Geschichten zu erzählen haben. Auf solche Reisen möchte ich euch mitnehmen.