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Fine [fì-ne] – eine feine Sache

Wie eine promovierte Kuratorin ein Creme-Deo erfand

Judith Springer, genauer gesagt Dr. Judith Springer, ist Juristin, Promotion in Stadt- und Regional-Soziologe, Kuratorin für zeitgenössische Kunst und ausgebildete Iyengar-Yoga-Lehrerin in Berlin. Weil sie kein Deo ohne Aluminiumsalze fand, das ihre Wunschkriterien von total pur, organisch, effektiv und optisch ansprechend erfüllte, nutzte sie vor drei Jahren eine Erbschaft, um ein eigenes natürliches Deodorant zu entwickeln. Mit Erfolg. Denn Judith Springer ist eine Macherin. Über sich selbst sagt sie: „Ich bin ein Mensch, der anpackt, was ansteht.“

Wie geht man die Entwicklung eines eigenen Creme-Deos an?

Die allererste Idee ist ziemlich genau vor drei Jahren entstanden. Ich habe jahrelang erfolglos nach einem Deodorant gesucht, das natürlich ist, ohne Aluminiumsalze und trotzdem funktioniert. Das eine sah blöd aus, das andere hat nicht gut gerochen. Da hat eine Freundin, die sich darin auskennt, gesagt, ich könne das ganz leicht selbst herstellen und mir auch gleich ein paar Anleitungen gegeben. In meiner Küche habe ich daraufhin angefangen, die Zutaten zusammenzurühren. Das Ergebnis habe ich an Freunde verteilt, und die waren sofort total begeistert. Also habe ich weiter gemacht, nach Rezepturen im Netz gesucht und die Creme immer weiter verfeinert.

Woher haben Sie die Inhaltsstoffe genommen?

Die Inhaltsstoffe kann man eigentlich alle im Biomarkt kaufen. Die Freundin hat mir z. B. Kokosöl empfohlen, dazu Natron und irgendeine Stärke. Damit habe ich dann herumprobiert. Ich werbe ja auch damit, dass man mein Deo essen kann.

Rühren Sie Ihre Produkte immer noch in der Küche an?

Die ersten Versuche aus meiner eigenen Küche sahen nicht so perfekt aus von der Konsistenz her. Aber mir ging es erst einmal darum, dass es funktioniert. Das hatte ich so nicht geglaubt. Mit dem Duft hat es anfangs auch nicht so geklappt. Ich habe mir aber dann bald einen Hersteller gesucht, weil ich alles 100 prozentig richtig machen wollte, auch vom Ordnungsamt her. Dem Hersteller ich das Ur-Rezept gegeben. Er hat dann die Konsistenz und den Duft perfektioniert. Das hat ein Jahr gedauert. Am 13.6.2015 war fines Geburtstag, da wurde meine Firma gegründet.

Wie sind Sie auf den Namen gekommen?

Es wird ja fine ausgesprochen und nicht englisch für fein. Deutsch ist in Berlin so 90er Jahre, englisch fand ich irgendwie langweilig. Dann habe ich meinen Mann gefragt, der gern viel redet, wenn man nicht so viele Informationen braucht. Dagegen ist er eher einsilbig, wenn man sie haben möchte. Eine seiner Lieblingsantworten ist „fein“. Wenn ich frage: „Wie findest du mein neues Kleid?“, höre ich nur: „Ja, fein.“ Als ich ihn fragte, wie ich das Deo nennen soll, sagte er auch „fein“. Erst dachte ich, na toll! Und dann, warum eigentlich nicht? Das Spiel mit dem Wort gefiel mir. „Fine“, das im Italienischen „Ende“ heißt, und im Englischen „gut“, „schön“.

Wer hat das Logo kreiert?

Das ist auch eine nette Geschichte. Damals war ich noch in der Ausbildung zur Yoga-Lehrerin, und eine Schüler hatte mich gefragt, ob ich auch Einzelunterricht gebe. Ich sagte ihr, dass ich dafür kein Geld nehmen dürfe. Sie war Grafikdesignerin und hat dann im Gegenzug das Logo gestaltet. Neben der Lautschrift steht dort auf italienisch: Ende des Miefs und dass man sich keinen Kopf mehr machen muss, ob man unangenehm riecht oder nicht.

Warum haben Sie nach dem Glastiegel jetzt doch einen Stick produziert?

Ich wollte das von Anfang an, aber ich habe nie eine Alternative zu den Plastik-Verpackungen gesehen. Das wollte ich überhaupt nicht. Plastik-Vermeidung ist durchaus ein Motto meines Unternehmens. Irgendwann bin ich auf die Papierverpackung gestoßen und so war es möglich. Gerade Männer wollten gerne einen Stick. Deretwegen habe ich auch den Spatel eingeführt. Einige von ihnen brauchen den Abstand zur Haut, wollen sich nicht direkt anfassen.

Finden die Leute 28 Euro für ein 30 Gramm-Deo nicht zu teuer?

Klar sind viele über den Preis gestolpert. Ich bin da aber sehr entspannt, weil ich finde, dass ein Umdenken stattfinden muss. Die Leute kaufen für 99 Cent ein Deodorant im Drogeriemarkt. Bei einer Gesichtscreme zuckt keiner mit der Wimpern, wenn sie teurer ist. Ich erkläre dann immer, in meinem Deo sind hochwertige Inhaltsstoffe drin. Ich knapse auch nicht am Design und klebe einfach ein Label auf. Außerdem produziere ich immer noch relativ kleine Mengen und verkaufe im Einzelhandel. Der macht es letztendlich, dass der Preis so hoch ist. Aber mit den 30 Gramm kommt man auch zwei Monate aus, man braucht nur ganz wenig.

Arbeiten Sie noch in Ihrem ursprünglichen Beruf?

Mein Steckenpferd war der Zusammenhang zwischen Kunst und Immobilienaufwertung. Darin habe ich auch viel gearbeitet und meine Dissertation geschrieben. Aber meine letzten Erlebnisse in dem Bereich waren extrem demotivierend. Mein Herz hängt daran, aber es ist viel viel Arbeit für wenig Geld. Aber ganz kann ich es nicht lassen. Ich mache jetzt immer eine [fí-ne] Art Edition, für die ein Künstler fine als Inspiration nimmt und eine Karte oder ähnliches gestaltet. Das legen wir in limitierter Auflage den Bestellungen bei. Das erste gab es im Dezember 2017, die nächste zum dritten Geburtstag. Viele Künstler kenne ich noch von früher. Ich sehe es als eine Art Künstlerförderung, weil die Künstler Honorar erhalten. Auf diese Art gebe ich wieder etwas zurück.

Wie geht es mit [fí-ne] weiter?

Im fine-Universium habe ich mir abgewöhnt, Pläne zu haben. Von Anfang an bin ich mit der Philosophie reingegangen, mehr unbewußt als bewußt, offen zu sein für alles. Alles hat sich organisch aus sich selbst heraus entwickelt. Früher war ich jemand, der alles mit dem Kopf gemacht hat. Studium, Job, Lebensplanung. Dann hat zehn Jahre gar nichts geklappt. Ich wollte unbedingt an der Uni arbeiten, das ging nicht. Vor allem durch die Beschäftigung mit Yoga hat sich meine gesamte Lebenshaltung verändert. Ich habe aufgehört, Dinge zu wollen und sie stattdessen auf mich zukommen lassen. Jedenfalls will ich nichts produzieren, was es schon gibt, oder ein Produkt, mit dem ich zufrieden bin. Warum auch? Demnächst werden zwei Parfumöle auf den Markt kommen, die haben sich viele Kunden gewünscht. Und ich arbeite an drei Bodyseren, die Ende des Jahres erscheinen.

 

Creme-Deo

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