Wohnen im Baumhotel in den Südtiroler Bergen
Im My Arbor lebt jeder nach seinem eigenen Rhythmus
Brixen ist nur drei Stunden von München entfernt. Als bekennender Pünktlichkeitsfanatiker bin ich so rechtzeitig auf der Autobahn, dass ich bereits um 14 Uhr ankomme. Da ich mich erst um 17 Uhr in dem kürzlich eröffneten My Arbor oberhalb von Brixen angekündigt habe, bleibt mir noch genug Zeit, den Ort zu erkunden und für heute meinen ersten Espresso auf italienischem Boden zu trinken. Ich stelle fest, Brixen lohnt sich. Was für ein hübsches kleines Städtchen mit Cafés, Restaurants und netten Geschäften. Dass sich in der Fußgängerzone gerade der örtliche Trachtenverein mit seinen in der Sonne glänzenden Instrumenten formiert, ist ein besonders farbenprächtiges Fotomotiv. Die Männer tragen rote Westen zu hellen hirschledernen Kniebundhosen, die Frauen lange Dirndl mit rotem Mieder und schwarzen Röcken zu weißen Schürzen. Das typische Fransentuch liegt locker um den Hals. Leider kann ich nicht warten, bis sie zu spielen anfangen.
Kurvenreich geht es auf 1000 Höhenmeter
Es ist Zeit, mich auf den Weg in mein Baumhotel in St. Andrä auf knapp 1.000 Meter Höhe zu machen. Laut Navi sind es nur sieben Kilometer, aber die Straße führt mit vielen Serpentinen stets bergauf. Das dauert. Der Blick über Brixen ist dafür atemberaubend. Für ein Foto muss ich einfach stehen bleiben. Noch eine Kurve und noch eine, dann sehe ich das Hotel. Der mit hellen Holzschindeln verkleidete, kubusartige Komplex auf 34 Meter hohen Stelzen erbaut, schmiegt sich harmonisch in den bewaldeten Hang der Plose. Der Gebirgsstock bietet einen der direktesten Zugänge zu den Dolomiten und eine der besten Aussichten. Die 104 Zimmer im My Arbor verteilen sich auf vier Stockwerke. Es gibt vier Zimmerkategorien: Nest, Hangout, Treetop sowie eine My Arbor Suite.
Holz gibt den Ton an
Holz ist das tragende Element der Inneneinrichtung von My Arbor (Lateinisch: arbor, arbōs (poet.) <oris> f, Deutsch: Baum). In den Zimmern sind die Wände holzverkleidet, hölzerne Quadrate wechseln sich dabei mit textilen Flächen ab. Auch Böden und Kleinmöbel sind aus Holz. Als harmonische Ergänzung kommt ein dunkles Grau ins Spiel für Vorhänge, kuschelige Leseecken und kleine Lederbänke. Überall bodentiefe Fenster, die den Blick ins Eisacktal (italienisch Valle Isarco, ladinisch Val dl Isarch), auf die Berge, auf bewaldete Hänge oder weites Wiesenland freigeben. Von meinem „Nest“ aus sehe ich den Paraglidern zu, wie ihre bunten Schirme anmutig über den Baumwipfeln schweben.
Baumhausstruktur im Spa Arboris
Dann ist es Zeit für meine Ritual Gesichtsbehandlung im Spa. Selbst in den Behandlungsräumen im unteren Stockwerk schaut man ins Grüne. Nicht anders im weitläufigen Spa Arboris auf 2500 qm: Ruheoase mit Infinity Pool, Yoga Refugium, Saunawelt und Personal Training in einem modernst ausgestatteten Fitnessraum. Unbehandelte Baumstämme sind das durchgängige Deko-Element hier wie überall in dem 4 Sterne Superior Haus. Es sind jene Bäume, die für den Hotelbau gefällt werden mussten. Wieder wird man an die Baumhausstruktur erinnert. Auch in meiner Kabine steht einer der dicken Stämme. 110 Minuten soll das Facial dauern. Ob das mein unruhiges Temperament so lange aushält? Ich bin gespannt. Magdalena heißt meine Behandlerin. Sie arbeitet mit Produkten aus der Region, einer hochwertigen High-Tech-Naturkosmetik von Team Dr. Joseph. Den Firmengründer und Visionär Erb. Dipl. Dr. Joseph Franz werde ich in den nächsten Tagen persönlich kennenlernen. Aber dazu kommen wir in einer anderen Geschichte.
Schröpfen heißt heutzutage Cupping
Erst einmal wird meine Haut von Magdalena gepeelt, ausgereinigt, gecremt, geknetet, mit Blütenstempeln massiert. Am ungewöhnlichsten finde ich die Anwendung von Schröpfgläsern. Dieses traditionelle Therapieverfahren wurde schon von den alten Ägyptern, den Griechen und auch in der chinesischen Medizin angewandt. Insider sagen heute Cupping dazu. Beim Gesichtsschröpfen werden kleinere Cups verwendet als am Rücken. Und auch die dabei üblichen kreisrunden Blutergüsse bleiben einem erspart. Mit den kleinen Gläsern wird das Gesicht lediglich massiert wird. Sie werden auf der Haut festgesaugt, um dann in streichenden oder kreisenden Bewegungen damit einige Minuten zu massieren. Dadurch soll der Stoffwechsel in den Zellen des Bindegewebes aktiviert werden. Mit Hilfe von Enzymen soll dann vermehrt Kollagen und Elastin produziert und somit die Spannkraft und Elastizität der Haut erhöht werden. Während der fast zwei Stunden Behandlungszeit passiert so viel in meinem Gesicht, dass Langeweile gar nicht erst aufkommt. Tatsächlich bin ich so tiefenentspannt, dass ich fast dabei einschlafe. Während der Einwirkzeit der Maske reißen mich allerdings die Geräusche, die Magdalena beim Säubern und Aufräumen ihre Utensilien macht, aus meinen süßen Träumen. Schade! Aber der Blick in den Spiegel versöhnt mich. Das Hautbild ist klarer und praller, es fühlt sich gut an.
Das Konzept der Ich-Zeit
Was mir an dem Hotelkonzept besonders entgegenkommt, ist der My-Gedanke, wie ihn schon der Name des Hauses suggeriert. Die Gäste sind dazu eingeladen, das zu leben, was im hektischen Alltag oft viel zu kurz kommt: Zeit für sich selbst zu haben und nach einem ganz eigenen Rhythmus zu agieren. Individualität ohne Limits. „Das Ich darf einfach Ich sein“, heißt es in der Hotelbeschreibung. Und tatsächlich, man kann Frühstücken bis mittags, Schwimmen nach Sonnenuntergang. Yoga, Wandern, ein Boot Camp Workout im Wald erleben, Biken oder Skifahren – je nach Jahreszeit. Das Abendessen stellt man sich selbst zusammen – aus den Classics wie südtiroler Schupfnudeln oder der Abendkarte, die täglich wechselt. Alles lecker und augenfreundlich angerichtet. Dass die Zimmerpreise Halbpension beinhalten, macht hier durchaus Sinn. Rundum gibt es weit und breit kein anderes Restaurant. Und wer will schon jeden Abend bis nach Brixen hinunter kurven. Ich jedenfalls genieße meine Ich-Zeit in vollen Zügen und lasse mich von einer Fusion aus südtiroler und italienischer Küche kombiniert mit kreativen Einflüssen aus aller Welt verwöhnen, entdecke den Weinkeller und mache Bekanntschaft mit einem Brotsommelier.
Baumhausstruktur, Bergferien, My Arbor, Plose, Südtirol
CultureAndCream-Autorin aus München
Beruflich als Beauty-Journalistin zu reisen, war mir nicht genug. Sechs Monate Weltreise haben auch nicht gereicht. Immer wieder zieht es mich in andere Städte, fremde Länder, zu Roadtrips und an Locations, die man kennenlernen sollte. Mich interessieren nicht nur „culture“ und „cream“, sondern auch Menschen, die Geschichten zu erzählen haben. Auf solche Reisen möchte ich euch mitnehmen.