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Roadtrip durch Cornwall

Ohne Rosamunde Pilcher, aber mit echt englischem Wetter

Achtung! Spoiler vorweg: Im echten Cornwall gibt es weder den verkappten adeligen Großgrund- oder Herrenhausbesitzer, der sich im Pub als armer Künstler vorstellt. Noch glaube ich, dass es in Cornwall den dauerhaft blauen Himmel, der sich in den Rosamunde Pilcher-Verfilmungen so penetrant in jede Szene quetscht, wirklich gibt.

Aber fangen wir vorne an. Im Juni 2016 beschlossen meine Freundin und treue Reisebegleiterin Margit und ich unseren nächsten Mädelstrip. Diesmal auf unserer Liste ganz oben: Cornwall, der so oft für romantische Filmszenen gewählte und pittoreske südwestlichste Zipfel von England – gerne auch britische Riviera genannt.

Warum sollte man das bis ins Rentenalter aufsparen, wenn man doch genau jetzt, zur besten Reisezeit, den Urlaub hat und die gerade getroffene Brexit-Entscheidung uns das britische Pfund erfreulicherweise geradezu ins Portemonnaie gespült hat (nicht, dass wir dem Brexit sonst irgendetwas Positives abgewinnen können. Außer vielleicht, dass er uns auf unserer Reise oft als Eisbrecher zum Gespräch diente).

Roadtrip durch Cornwall

Los ging es also mit der Roadtrip-Planung. Die Zeit: Eine Woche. Der Startpunkt: Düsseldorf, meine Heimatstadt. Auf der Liste, die es abzuklappern galt: Die Fähre von Calais nach Dover, um den atemberaubenden Blick auf die Kreidefelsen zu erleben, von dort weiter nach Stonehenge, dem wohl mystischsten Ort Europas. Dann die erste Übernachtung in Bath, um am nächsten Tag die Reise Richtung Cornwall fortzusetzen.

Den Rest überließen wir ein bisschen dem Zufall und buchten einfach vorab strategisch gut gelegene Hotels, meist Bed&Breakfast, um möglichst ganz Cornwall im vorgesehenen Zeitraum erkunden zu können. Kleiner Tipp: Airbnb erwies sich hier erstmals als nicht sonderlich hilfreich oder günstiger, teilweise wurden dort Wohnwagen für 150 englische Pfund die Nacht angeboten. Daher hatten wir alle Unterkünfte tatsächlich über Reiseportale wie booking.com bekommen.

Los ging es also frühmorgens in Düsseldorf. Laut Berechnung sollten wir nach circa vier Stunden die Fähre erreichen, um dann zwischen 18 und 19 Uhr die letzte Besucherrunde in Stonehenge zu erwischen. Sowohl die Tickets für Stonehenge als auch für die Fähre haben wir vorsichtshalber online vorgebucht. Tipp für Kulturinteressierte: Für 36 Pfund kann man einen 9-tägigen Heritage-Pass kaufen, mit dem man freien Eintritt in über 100 Sehenswürdigkeiten hat, was sich in Cornwall, mit all seinen Herrenhäusern, Schlössern und Museen durchaus lohnen kann.

Vorsicht, schmale Strassen

Auch für Autofahrer ein kleiner Hinweis: So schön sich ein Roadtrip anhört, die schmalen Straßen Cornwalls lassen kaum Ausweichmöglichkeiten zu, so dass man teilweise nur mithilfe von freundlichen Passanten rückwärts wieder aus dem Ort herausnavigiert werden kann, wenn wieder einmal ein großer Touristenbus die gesamte Straße einnimmt.

Insofern vor den Ortschaften einen der kostenpflichtigen Parkplätze anfahren und lieber zu Fuß in die Orte gehen. Auch auf den Landstraßen braucht man viel Geduld und sollte vor allem mehr Zeit einplanen, um von A nach B zu kommen, da man nicht über 50-60 km/h schafft. Daher einfach öfter anhalten, die Landschaft genießen und ansonsten gilt: go with the flow.

Fünf Orte, die man in Cornwall und Südengland gesehen haben muss, einen vielleicht nicht

1. Stonehenge: Unsere Rechnung ging auf, pünktlich gegen 18 Uhr erreichten wir den sagenumwobenen Ort, dessen Steinformationen sich schon ab und zu von der Landstraße aus zeigten. Erschöpft, aber dennoch beeindruckt näherten wir uns dem Unesco Weltkulturerbe, den über 5000 Jahre alten Steinkreisen, über deren Entstehung und Sinn und Zweck es so viele Mythen und Theorien gibt.

Auch wenn man die mächtige Formation bereits zigmal im Fernsehen oder bei „Asterix bei den Briten“ gesehen hat… wenn man tatsächlich davor steht, ist es ein unglaublich eindrucksvoller Moment. Da machte es uns auch nichts, dass es die sprichwörtlichen „cats and dogs“ regnete. Das hatte zumindest den Vorteil, dass die Besucherschlangen sich in Grenzen hielten.

2. Bath: Weiter ging es für uns noch ein paar Kilometer Richtung Bath, wo wir außerhalb der Stadt im herrschaftlichen Tracy Park unsere erste Übernachtung hatten. Zwar war das Hotel, das heute bevorzugt von ambitionierten Golfern bereist wird, unsere teuerste Station, allerdings machte das im Cottage-Stil angelegte Herrenhaus und sein großartiger Restaurantbetrieb im Rittersaal den Preis locker wieder wett. Angeblich inspirierten die Stallungen, in denen heute die einzelnen Hotelzimmer liegen, die britische Autorin Anne Sewell zu ihrem Roman „Black Beauty“.

Am nächsten Tag besichtigten wir den historischen Stadtkern der romanischen Stadt Bath, deren stadtbildprägender Werkstein „Bath Stoen“ ganz in der Nähe abgebaut wird. Wir sind ganz verzückt von den süßen Gassen und typisch englischen Geschäften, mit teilweise etwas schrägen Schaufenster-Dekorationen und kleinen Cafés in Hinterhöfen. Die Besichtigung der berühmten römischen Bäder schenken wir uns allerdings, als wir die Schlange sehen, die sich gut mit der Schlange an der Sixtinischen Kapelle in Rom messen lässt.

Und noch ein kleiner Tipp: Wer sich in einem der netten Straßencafés einen Scone oder Lemoncake gönnen möchte, sollte diesen unverzüglich, möglichst mit einem Happs verzehren. Ansonsten tut dies nämlich eine der zahlreichen Seemöwen für einen. Mit einem gezielten Sturzflug war der halbe Kuchen plötzlich weg und der Cappuccino nicht mehr in unseren Tassen, sondern auf unseren Kleidern.

3. Port Isaac: Am malerischsten zeigte sich für uns der winzige Ort Port Isaac, der sich in eine enge Bucht zwischen hohe Klippen zwängt. Bei Ebbe bietet sich ein idyllisches Bild der ruhenden Fischerboote im Sand. An der Promenade ist umso mehr los. Pubs, Restaurants, die garantiert frischen Fisch auf der Karte haben und die für jeden Geldbeutel etwas bieten. Von hier lassen sich auch kurze bis ausgiebige Klippenwanderungen planen, auf denen man die traumhafte und imposante Küste Südenglands erst richtig erfassen kann.

Tipp für die richtige Unterkunft: Wir hatten in dem nahe gelegenen Örtchen Port Isaac ein wunderschönes Bed &Breakfast gebucht, The Longcross Hotel & Garden. Belohnt nach der langen Fahrt durch die engen und sich unendlich windenden Landstraßen wurden wir mit einem köstlichen Dinner und einem atemberaubenden Sonnenuntergang.

4. St. Ives: Die Vorfreude war groß, als es für uns Richtung St. Ives weiterging, eine berühmte Künstlerkolonie und der wohl beliebteste Ferienort Cornwalls. Die Schriftstellerin Virginia Woolf verbrachte hier einige Sommer ihrer Kindheit und widmete dem Ort ihren Roman „Jacobs Zimmer“. Rosamunde Pilcher ließ ihren berühmten Roman „Die Muschelsucher“ hier spielen. Sie wuchs ganz in der Nähe auf und lebt auch heute noch in Cornwall.

Allerdings müssen wir hier feststellen, dass die romantischen Bilder und Szenen ihrer Filme definitiv nicht in St. Ives spielen können, da man hier vor lauter Touristenbussen, Cornish Icecream-Ständen und anderen Essenbuden, kaum etwas vom ursprünglichen Flair spüren kann. Wir flüchten uns daher in die zahlreichen Galerien und besuchen das Barbara Hepworth Museum, das mit seinem Skulpturengarten ein wahres Idyll inmitten des Trubels bietet. Wir lassen uns auf einer kleinen Bank nieder und wärmen uns von der Sonne (von der wir leider nicht viel gesehen haben).

Tipp für die richtige Unterkunft: Ein echter Glücksgriff war hier unser zweites Cottage. Eine Perle inmitten der hügeligen Landschaft. Die Sweet Water Trout Farm ist ein kleines Bed&Breakfast, wo die Besitzerin zum Frühstück noch in ihre eigene Küche einlädt. Wer auf ein eigenes Bad Wert legt, sollte das extra anfragen, ansonsten teilt man sich ein Bad mit den Gästen eines weiteren Zimmers.

Beim Streunen über das riesige Grundstück entdeckten wir die drei Süßwasserseen, in denen früher Forellen gezüchtet wurden. Heute sind sie nur noch von wunderschönen, üppigen Seerosenfeldern bewachsen. Naturliebhaber und Instagram-Fans kommen hier voll auf ihre Kosten.

5. Land’s End: Wie alle Besucher Cornwalls zog es auch uns zu dem berühmten Aussichtspunkt Land’s End, dem westlichsten Punkt Englands. Und das, obwohl wir bereits gewarnt wurden, dass es sich hierbei mittlerweile um eine freizeitparkähnliche Kommerz-Veranstaltung handelt. Und so war es leider auch. Daher empfehlen wir hier einfach eine kleine Küstenwanderung links oder rechts von Land’s End aus, denn das Wegerecht ist unantastbar und daher immer noch umsonst.

Fünf Dinge, die man in Cornwall gegessen haben muss

Auch wenn England vielleicht nicht gerade berühmt für seine kulinarische Raffinesse ist, einige Highlights gibt es doch und die sollte man zumindest einmal getestet haben. Achtung: Die englische Küche ist nichts für Diätfanatiker.

1. Scones mit clotted cream und Erdbeermarmelade: Auf dem Weg nach Port Isaac hielten wir an einer wirklich hübsch-hässlichen Teestube, die uns von der Straße aus auffiel. Im Fenster gehäkelte Stehgardinen, auf den Tischen Wachstischtücher, künstliche Blumengestecke und allerlei herrlicher Nippes.

Wir bestellten eine klassische Tea-Time, bestehend aus einem Kännchen Schwarztee und zwei Scones. Das krustenloses Teiggebäck, ähnlich einem Milchbrötchen, wird mit Hilfe von viel Butter zu einem fluffigen Ballen gebacken. Dazu werden die berühmte Cornish Clotted Cream und hausgemachte Erdbeermarmelade serviert. Ich erspare mir an dieser Stelle den Kommentar zum Nährwert dieser Mahlzeit, denn sonst wird man es wahrscheinlich nie probieren. Aber: Es ist eine unfassbar leckere Sünde.

2. Cornish Icecream: Wie auch schon die Clotted Cream ist die Cornish Icecream ein geschütztes Produkt der für Cornwall und Devon so berühmten Milchwirtschaft. In den einschlägigen Orten, wie zum Beispiel im Fischer- und Künstlerdörfchen St. Ives zählten wir nicht weniger als 15 Eisdielen und Verkaufsstände. Wir entschieden uns für ein möwensicheres Plätzchen und teitlen uns jeweils eine Kugel, da auch hier große Gefahr besteht, schon bald eine Konfektionsgröße mehr zu brauchen

3. Cornish Pasty: Uns fielen zahlreiche Buden und Stände auf, die Cornish Pasty anbieten. Wir mussten erstmal googlen und lernen, dass es sich hierbei um eine beliebig gefüllte Pastete handelt. Wir entscheiden uns für den Klassiker mit Rindfleisch, Kartoffeln, Steckrüben und Zwiebeln. Wir fanden es so lala, aber vielleicht wäre eine andere Kombination besser gewesen. Probieren sollte man es auf jeden Fall.

4. Fish & Chips: Ich weiß, klischeehafter geht’s nicht. Aber wo, wenn nicht an der Küste der kleinen Fischerorte, sollte man sich eine Portion Fish & Chips gönnen? In Port Isaac locken zahlreiche Foodtrucks und kleine Buden mit dem englischen Nationalgericht. Rick Stein, quasi der britische Johan Lafer, hat es sogar salonfähig gemacht und im nahegelegenen Padstow ein bodenständiges Fish & Chips Restaurant aufgemacht.

5. Seafood bei Rick Stein: Womit wir auch beim kulinarischen Highlight unserer Reise wären: Ebenfalls in Padstow liegt das Sternerestaurant des britischen Fernsehkochs Rick Stein. Mit einem Glas australischem Chardonnay (den wir, typisch Mädchen, anhand des hübschen Etiketts ausgesucht haben) genießen wir Krebsfleisch mit scharfer indonesischer Sauce und Dover Seezunge.

Köstlich, und vor allem für ein Sternerestaurant wirklich noch erschwinglich. Besonders charmant: Im Gegenzug zu den steifen, hochpreisigen Restaurants in Deutschland nehmen es die Engländer auch hier eher locker. Die meisten sind casual gekleidet und plaudern fröhlich und unbeschwert, ebenso das Personal.

Das Fazit unserer Reise: Wir haben ein viel raueres Cornwall kennen- und lieben gelernt, in dem uns weder Herrenhäuser noch Prinzen begegnet sind. Wobei man sagen muss, dass wir weder nach dem Einen noch nach dem Anderen Ausschau gehalten haben. Hierfür sollte man vielleicht eher eine der zahlreichen Rosamunde Pilcher-Touren buchen. Aber dafür sind uns besonders die Freundlichkeit und der einzigartige Humor der Engländer in Erinnerung geblieben, mit denen es immer zu einem netten Plausch am Frühstückstisch kam – über Gott, die Welt und natürlich: den Brexit.

Cornwall, Roadtrip

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