Berlin-Bangkok: Deutsche Spuren in Bangkok, thailändische Spuren in Berlin
Wie eng die beiden Städte Bangkok und Berlin verbunden sind, davon zeugt ein gerade erschienenes Buch des deutschen Autors Martin Schacht mit Fotos der beiden Fotografen Ralf Tooten und Wolfgang Bellwinkel. Die Idee zu diesem spannenden Projekt hatte Maren Niemeyer, Leiterin des Goethe-Instituts Thailand, die seit sechs Jahren in Bangkok lebt.
Das Goethe-Institut Thailand, die Thai-Deutsche Handelskammer und die Thai-Deutsche Gesellschaft feiern ihren 60. Geburtstag, die Thailändische Botschaft in Berlin und die Deutsche Botschaft in Bangkok blicken auf 160 Jahre diplomatische Beziehungen zwischen Thailand und Deutschland zurück. Eine faszinierende Geschichte, die die beiden Städte mit dem großen B verbindet. Sie beginnt im KaDeWe – Kaufhaus des Westens.
Am 27. März 1907 fand die Eröffnung des KaDeWe statt, doch die erhoffte Aufwertung durch den Besuch eines hohen Mitglieds der deutschen kaiserlichen Familie ließ auf sich warten. Dafür machte im August 1907 ein zweitägiger Aufenthalt des siamesischen Königs Rama V. und seines Gefolges im KaDeWe den erwünschten Eindruck auf Adel und Bürgertum. Der Shopping-Trip des Königs dominierte die Schlagzeilen und verlieh dem KaDeWe jene höheren Weihen, die noch fehlten, um es zum ersten Haus am Platz zu machen. Der König dinierte im Fürstenzimmer und gab 250.000 Mark bei seinem Besuch aus. Rama V. verlieh Adolf Jandorf, dem damaligen Inhaber des neuen Luxus-Kaufhauses, anschließend den Weißen Elefantenorden.
Der siamesische König, ein Verbündeter
Der thailändische Monarch, der Deutschland und Europa bereits 1887 zum ersten Mal bereist hatte, galt als Freund Kaiser Wilhelms II. und Thailand, damals noch Siam, als wichtiger Wirtschaftspartner in Asien, das ansonsten die Kolonialmächte England und Frankreich dominierten. Der siamesische König galt als Verbündeter, der sowohl die deutsche Wirtschaft unterstützte, als auch dem deutschen Bedürfnis nach Einfluss in der Welt entgegenkam. Tatsächlich waren deutsche Unternehmen in Thailand sowohl am Ausbau der Infrastruktur ebenso beteiligt wie am Aufbau des Postwesens oder des Telegrafennetzes. König Rama V. (Chulalongkorn) war bei der deutschen Bevölkerung so beliebt, dass der Berliner Operettenkönig Paul Lincke, der es wie kein anderer verstand, die Stimmung des wilhelminischen Bürgertums in Marschmusik zu verpacken, ihm ein Musikstück widmete: Die siamesische Wachtparade ist auch heute noch beliebt bei Neujahrskonzerten von Blasmusik-Kapellen.
Das KaDeWe: eine bewegte Geschichte
Schon bei der Eröffnung übertrag das Kaufhaus alle Erwartungen und bot eine Vielzahl von Produkten, die selten und für die deutsche Kundschaft oft auch unbekannt waren. Neben einem Modesortiment, das direkt aus Paris kam, war die auch heute noch berühmte „Feinschmecker-Etage“, die mit exotischen Früchten aus der Südsee aufwartete, eine besondere Attraktion. Außerdem verfügte das Warenhaus über besondere Serviceleistungen, etwa ein Rohrpostsystem, eine Leihbibliothek und über zwanzig Personenaufzüge. Die Architektur beeindruckte mit prächtigen Fensterfassaden, lichtdurchfluteten Verkaufshallen und holzgetäfelten Erfrischungsräumen.
Der Hertie-Konzern, der das KaDeWe in den Zwanzigerjahren übernahm, wurde durch das NS-Regime enteignet. Im Zweiten Weltkrieg stürzte ein amerikanisches Flugzeug ins Dach des Hauses und löste einen Großbrand aus. Der Wiederaufbau zog sich über fast anderthalb Jahrzehnte hin. Erst 1956 war die vollständige Rekonstruktion abgeschlossen. In den Sechzigerjahren verlor das KaDeWe durch den Bau der Berliner Mauer einen großen Teil seiner Stammkundschaft. Dennoch fand es allmählich zu alter Beliebtheit zurück und wurde eine der bekanntesten Sehenswürdigkeiten West-Berlins. Direkt nach dem Mauerfall hatte das Warenhaus das stärkste Besucher-Aufkommen in der Geschichte. Heute ist das KaDeWe ein internationaler Departmentstore, der auf mehr als 60.000 Quadratmetern internationale Designer und Marken anbietet. 40 Prozent seines Umsatzes macht es mit Touristen, vorzugsweise mit solchen, die auch gern mal etwas mehr ausgeben.
Luxus und Tourismus sind die beiden globalen Trends, an die auch die neuen Besitzer glauben. 51 Prozent der KaDeWe-Group, zu der auch das Hamburger Alsterhaus und das Münchner Oberpollinger gehören, sind heute im Besitz der Thailändischen Central Group, einem Konzern, der einer der reichsten Familien Thailands gehört. Central betreibt einige der größten Shopping-Malls der Welt, mehrere davon in Bangkok.
Madame Yuwadee Chirathivat von der thailändischen Besitzer-Familie des KaDeWe im Interview:
Wussten Sie, dass das KaDeWe eine sehr lange Verbindung zu Thailand hat?
Ja, die Verbindung besteht seit 1907, als König Rama V das KaDeWe auf einer Europareise besucht hat. Der König war mehrfach in Europa. Ihn verband eine freundschaftliche Beziehung zu Deutschlands Kaiser Wilhelm II. und er hat sogar Bauten in Deutschland errichten lassen, z.B. einen Pavillon in Bad Homburg. Thailand und Deutschland haben eine lange, gute Beziehung.
Spielt die Geschichte eine Rolle bei Ihrem Interesse an europäischen Luxuskaufhäusern, oder ist das nur ein Zufall?
Unser Unternehmen hat eine lange Geschichte, und wir haben als Einzelhändler angefangen. Unser Ziel ist es, immer das beste Warenhaus vor Ort zu haben, und die Gelegenheit ergab sich. Das KaDeWe ist Deutschlands berühmtestes Warenhaus und deshalb investieren wir: Wir möchten das ganzheitliche Einkaufserlebnis noch angenehmer und attraktiver machen.
Glauben Sie, dass die Thailänder oder Asiaten generell ein anderes Verhältnis zu Shopping und zum Luxus haben als Europäer. Können sie das mehr genießen?
Die Deutschen kaufen gern praktische Dinge, aber das Kaufverhalten ändert sich. Die Leute geben mehr Geld aus für Mode, Unterhaltung oder gutes Essen. Thailänder lieben Luxusmarken generell. Das KaDeWe war nie bekannt für Luxusmarken, das Zentrum des KaDeWe war immer die berühmte Lebensmittel-Etage. Wir haben dazu die Luxusmarken hereingebracht, und das wird sehr gut angenommen. Auch wenn die Deutschen oft etwas traditionell sind, so kommen sie nun doch bei den Luxus-Brands auf den Geschmack. Wir versuchen, deutsche Label und internationale Marken gut zu kombinieren. Wir wollen sowohl etwas für Touristen als auch für die Deutschen bieten. Luxus hat immer noch ein großes Wachstumspotential. Wir wollen das KaDeWe einfach noch moderner und zeitgemäßer machen, wir wollen das beste Warenhaus mit einer umfangreichen und einzigartigen Auswahl sein.
Gibt es etwas speziell Thailändisches im KaDeWe?
Wir bieten eine Auswahl an thailändischen Food-Produkten an ,und es gibt auch ein Restaurant, das Papaya, wo wir authentische Thai-Küche anbieten.
In Bangkok haben Sie sehr durchgestylte Malls. Wie werden Sie den Look des KaDeWe verändern?
Der laufende Umbau durch den engagierten Star-Architekten Rem Kohlhaas bringt im Zusammenspiel mit der Entwicklung des Retails die Größe und Geschichte des Warenhauses ins Gleichgewicht und macht das KaDeWe zur führenden Design-Ikone der Department Stores.
Was muss ein Kaufhaus heute bieten, um sich von anderen zu unterscheiden?
Das traditionelle Warenhaus-Konzept ist durch die Konkurrenz des Online-Handels unter Druck geraten. Uns geht es darum, beides im Zusammenspiel zu verbinden, damit beide profitieren. Wir wollen unseren Kunden durch mehrere Kanäle ein 360°-Einkaufserlebnis bieten, und von daher gehen wir das Omni-Channel-Retail-Konzept an. Der Schlüssel zum Erfolg ist gutes Marketing und vor allen Dingen der Service. Guter Service ist das wichtigste für die Kundenbindung und wir befinden uns stets in engem Kontakt zu unseren Kunden.
Das Kaufhaus-Geschäft entwickelt sich ununterbrochen weiter. Meine Familie und ich agieren mit großer Leidenschaft in diesem Business – und das seit über 70 Jahren. Wenn man den Job nicht liebt, macht man ihn nicht gut. Wir hören nie auf, uns zu verbessern und neue Ideen und Innovationen, neue Konzepte und Technologien einzubringen, um unsere Kunden und ihre sich stets im Wandel befindenden Bedürfnisse zu erfüllen. Wir haben den Ehrgeiz, uns immer weiterzuentwickeln. Darauf sind wir sehr stolz. Und wir möchten auch der Gesellschaft etwas zurückgeben.
Auszüge aus dem Buch Berlin-Bangkok
Photos: Wolfgang Bellwinkel-Berlin (4), Ralf Tooten-Bangkok (4)
BERLIN – BANGKOK: Deutsche Spuren in Bangkok / Thailändische Spuren in Berlin
Dieses Buch von Martin Schacht inspiriert Leserinnen und Leser, in die Geschichten und Bilder der beiden Metropolen einzutauchen. Durch die Linsen der renommierten Fotografen Ralf Tooten (Bangkok) und Wolfgang Bellwinkel (Berlin) fügen sich die Geschichten aus zwei sehr unterschiedlichen Städten zusammen und spiegeln die gegenseitigen Einflüsse wider.
Gebundenes Buch*, 200 Seiten, 18 Euro
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CultureAndCream-Autorin aus München
Beruflich als Beauty-Journalistin zu reisen, war mir nicht genug. Sechs Monate Weltreise haben auch nicht gereicht. Immer wieder zieht es mich in andere Städte, fremde Länder, zu Roadtrips und an Locations, die man kennenlernen sollte. Mich interessieren nicht nur „culture“ und „cream“, sondern auch Menschen, die Geschichten zu erzählen haben. Auf solche Reisen möchte ich euch mitnehmen.