Seine Haarfarben sind Kult
Der Berliner Colorist Andreas Kurkowitz ist ein echter Guru, was Haarfarben angeht. Im C&C-Interview spricht er über Trends, Kundenwünsche und wie graue Haare wirklich cool aussehen.
Wie sehen die Farbtrends 2020 aus?
Was die Farbe angeht, habe ich das Gefühl, dass es in die wärmere Richtung geht. Gerade im Winter. Ich mag das auch gerne, weil man im Winter weniger Licht hat. Warme Töne geben mehr Reflexion und auch mehr Glanz. Man kann ohnehin nicht sagen, dass es feste Trends für jede Saison gibt. Aber ich bin tendenziell immer ein Fan davon, gerade im Winter in Europa, wo es weniger Licht gibt, die Farben etwas wärmer zu machen als im Sommer.
Sprichst du von Strähnen oder Highlights? Nicht jeder möchte gleich immer eine komplette Umfärbung.
Mit Strähnen, ob von Hand gemacht oder Foliensträhnen, kann man zu jeder Jahreszeit easy variieren. Zum Winter hin macht man den Farbton etwas wärmer und im Sommer wieder kühler. So gibt es die Möglichkeit, ohne Komplettfärbung eine Veränderung zu erzielen. Oft sind es nur kleine Nuancen, die einen großen Unterschied machen. Ob das jetzt ein Honigton ist oder Karamell, oder eher ins Kühle, Sandige geht. Viele meiner Kunden beschweren sich im Sommer darüber, dass ihre Haare zu warm wirken. Das hat natürlich etwas mit dem Lichteinfluss zu tun.
Welche Frisur ist am gefragtesten?
Trend ist eigentlich, dass die Leute super individuelle Sachen wollen. Man kann nicht mehr sagen, die haben ein bestimmtes Foto gesehen und wollen genau diese Frisur. Die Frauen geben viel mehr auf sich acht, was zu ihnen passt. Es gibt natürlich Unterschiede: Da sind die Kunden, die wollen etwas ausprobieren. Sie sehen ihre Haare als modischen Aspekt und wollen sie verändern, wie sie auch ihre Kleidung verändern. Andere wollen einfach nur frisch aussehen und etwas haben, das zu ihnen passt.
Der beste Trick, um frischer auszusehen?
Ich würde die Haare nie dunkler als drei Töne verändern, weil es dann hart wirken kann. Und was einen Riesenunterschied macht, ist, wie hell oder dunkel die Kontur gefärbt ist. Egal, ob Strähnen, eine mittelblonde Komplettfärbung, ob hell- oder dunkelbraun, wenn die Kontur zu dunkel ist, sieht es oft sehr unnatürlich aus, macht hart und weniger frisch. Dass die Kontur weicher ist und heller als der Rest, finde ich super wichtig. Daran merkt man auch, ob jemand gefärbte Haare hat oder nicht. An der Kontur sind die Haare viel feiner, sie nehmen die Farbe schneller an. Wenn ich das Gleiche an Farbe darauf gebe wie auf den Rest, hat man oft das Problem, dass es an der Stelle zu pigmentiert, zu überlagert aussieht.
Was ist wichtiger, Farbe oder Schnitt?
Ich persönlich erachte die Kombination als wichtig, dass es zusammenpasst. Aber dadurch, dass ich ausschließlich Haare färbe, habe ich immer den Fokus auf Farbe. Wenn man eine richtig gute Farbe hat, kommt man auch mit einem weniger perfekten Haarschnitt durch. Allerdings meine ich auch, je dunkler die Haare gefärbt sind, desto perfekter muss der Schnitt sein. Bewegt man sich im Blondbereich, fällt es nicht so auf, wenn der Schnitt nicht ganz optimal ist. Möchte dagegen jemand schwarze Haare haben, was ein guter Look sein kann, sieht man jede Kleinigkeit, ob ein Schnitt gut ist oder nicht.
Was ist die beliebteste Haarfarbe im Salon?
Tendenziell wollen die meisten Richtung Blond gehen. Ich würde schätzen, ca 75 Prozent meiner Kundinnen wollen eher heller werden als dunkel. Entweder wollen sie so gefärbt werden wie ihre Naturfarbe einmal war, oder sie wollen heller werden. Wir machen extrem viel Blond, von Dunkel- bis Hellblond, auch Kupfertöne immer mal wieder. Alles eher im warmen Bereich, keine kühlen Rottöne mit Violett oder Blond drin. Aber auch hier soll es eher natürlich wirken. Schreiendes Rot wird so gut wie nie verlangt.
In der Regel färbt man immer mehrere Töne…
Jein. Es kommt darauf an. Das Haar ist immer die Basis. Und das hat ja auch nicht nur einen Ton, so dass ich drei Reihen färben muss, damit es natürlich aussieht. Oft finde ich es dann besser zu sagen, ich färbe nur einen Ton rein, weil eh schon drei verschiedene Blondtöne vorhanden sind.
Auch ein Thema: graue Haare rauswachsen lassen?
In meiner Beratung frage ich erst mal: Wie sehr stören die grauen Haare? Für mich gibt es verschiedene Optionen. Die erste: Möchte man die weißen Haare so abgedeckt haben, dass man sie gar nicht mehr sieht. Oder zweitens, kann man damit leben, dass sie transparent sind. Oder drittens, findet man es sogar gut, wenn sie da sind oder man sie gar noch unterstützt. Ich habe schon das Gefühl, dass viele Frauen vielleicht nicht offen sind dafür, ihre Grauen zu verstärken oder sie so zu tragen. Die meisten wollen sie schon färben, aber dass sie transparent bleiben und das Grau nicht unbedingt plakativ abgedeckt ist.
Macht Grau alt?
(Denkt nach) Ich finde, das Gesamtbild macht alt, wenn der Rest nicht stimmt. Man kann tolle graue Haare haben und nicht alt wirken. Zu sagen, Grau macht alt, trifft zu, wenn ich mich dementsprechend kleide und keinen guten Haarschnitt habe. Grau werden heißt ja nicht, dass man keine Arbeit mehr damit hat, sie einfach wachsen lässt und und trotzdem cool aussieht. Grau kann gut aussehen, aber man muss trotzdem beispielsweise extra blondierte Strähnen reinsetzen, die das Grau noch intensiver wirken lassen. Make-up und Kleidung sind ganz starke Faktoren. Jünger macht Grau nicht, aber ich finde auch nicht, dass es unbedingt alt machen muss. Oft wird gleichgesetzt: Grau = Alter. Aber viele bekommen bereits jung graue Haare. Ich habe mal ein Model in London gefärbt, die war 26 Jahre alt und hatte schon ganz weiße Haare.
Wie oft muss man Strähnen in grauem Haar nacharbeiten?
Alle drei bis vier Monate. Es kommt darauf an, ob es das erste Mal ist oder schon mehrere Male gemacht wurde. Dann kann man minimal auffrischen.
Ist es ein Qualitätsmerkmal für einen Salon, wenn er einen eigenen Coloristen hat?
Finde ich schon. Allein wenn man nach der Erfahrung geht. Wie viel Erfahrung kann einer haben, der am Tag vier Leute färbt und vier schneidet im Vergleich zu jemand, der am Tag acht Leute nur färbt! Das über einen Zeitraum von einem Jahr berechnet, zeigt wie viel mehr der Colorist an Erfahrung hat. Für mich ist es wichtig, dass Colorist und Stylist zusammenzuarbeiten, um zu sehen, wie ist der Haarschnitt, welche Farbe passt am besten zu der Person. Aber meiner Meinung nach ist es schon wichtig, das zu separieren.
Welche besondere Ausbildung besitzt ein Colorist?
Da gib es unterschiedliche Szenarien. Bei mir war es so, wie ich es auch in unserem Salon mache, wo wir Leute ausbilden. Die durchlaufen eine 18-monatige Assistenzzeit, die in Gruppen eingeteilt ist, die sie abarbeiten und dann halt Modelle färben müssen. Das ist schon so eine Intensivzeit, in der sie ausschließlich färben. Es ist aber immer etwas anderes, ob du Modelle färbst oder am Kunden arbeitest. Deshalb finde ich das erste Jahr nach der Ausbildung grundsätzlich super wichtig – egal ob man schneidet oder färbt. Das erste Jahr ist noch mal wie eine Art Lehrjahr am Kunden.
Aufmacherfoto: @shutterstock
Andres Kurkowitz, Colorist, Farbtrends, graue Haare, Haarefärben
CultureAndCream-Autorin aus München
Beruflich als Beauty-Journalistin zu reisen, war mir nicht genug. Sechs Monate Weltreise haben auch nicht gereicht. Immer wieder zieht es mich in andere Städte, fremde Länder, zu Roadtrips und an Locations, die man kennenlernen sollte. Mich interessieren nicht nur „culture“ und „cream“, sondern auch Menschen, die Geschichten zu erzählen haben. Auf solche Reisen möchte ich euch mitnehmen.