Cortisol Face – ein schräger TikTok Trend oder mehr?
Das sogenannte „Cortisol Face“ oder auch „Moon Face“ sorgt seit einiger Zeit in den Social Media Kanälen für Aufregung. In ihren Videos meinen junge Menschen, dass ihr rundliches Gesicht die Folge von zu viel Stress – und einem zu hohen Cortisolspiegel sei. Teilweise werden mit einem Beitrag über 5 Millionen Aufrufe erreicht. Da werden dann Aussagen getätigt wie „Du bist nicht hässlich, du hast nur ein Cortisol-Face“. Schuld daran soll der Alltagsstress sein.
Cortisol ist tatsächlich das wichtigste Stresshormon, das unser Körpers produziert. Dieses sogenannte Steroidhormon wird von den Nebennieren gebildet und hilft bei der Regulierung des Stoffwechsels, der Steuerung unserer Immun- und Stressreaktionen und der Aufrechterhaltung des Blutdrucks.
Auch in alltäglichen Stress-Situationen setzt der Körper vermehrt Cortisol frei. Ähnlich wie Adrenalin und Noradrenalin bereitet es uns auf eine Kampf- oder Fluchtsituation vor. Das bedeutet, dass Blutdruck und Blutzuckerspiegel ansteigen, das Immunsystem wird unterdrückt, der Fett-, Protein,- und Kohlenhydrat-Stoffwechsel arbeitet intensiver. Kommt es abends zu einem hohen Pegel im Körper, kann das Schlafstörungen zur Folge haben.
Cortisol als Muntermacher
Normalerweise jedoch ist der Wert nachts, wenn wir schlafen am niedrigsten, weil er im Laufe des Tages kontinuierlich abgebaut wird. Morgens wiederum wird wieder vermehrt von dem Hormon ausgeschüttet, um den Körper tagsüber leistungsfähiger zu machen. Kurz nach dem Aufwachen wirkt er sogar wie ein natürlicher Wachmacher. In normalen Mengen ist dieses Steroidhormon also nicht schädlich, sondern lebensnotwendig.
Klar kann zu viel Cortisol auf Dauer gesundheitsschädigend sein. Aber bislang gibt es keinen medizinischen Beweis, dass alltäglicher Stress zu so schwerwiegenden Folgen führt wie sie bei einer seltenen Krankheit vorliegen, die als Cushion-Syndrom bezeichnet wird. Dabei kommt es zu Flüssigkeitseinlagerungen im Gesicht mit Fettansammlungen auf beiden Seiten des Gesichts, die ihm ein runderes oder aufgedunsenes Aussehen verleihen. Daher die wenig schmeichelhafte Bezeichnung Kissen- oder Mondgesicht.
Fettansammlungen auch am Körper
Ein anhaltend hoher Cortisolspiegel führt allerdings nicht nur im Gesicht, sondern häufig auch im Bauchbereich zu vermehrten Fettablagerungen. Sogar Schulter- und Nackenbereich können dicker aussehen. Nicht zuletzt kann die Hautstruktur in Mitleidenschaft gezogen werden. „Sie wird dünner, und es kommt häufig zu kleinen Blutungen unter der Haut“, sagt Dr. Petra Algenstaedt, Hormonexpertin und Ärztliche Leiterin am UKE Hamburg. „Oft kommt es zu Zyklusstörungen und manchmal auch zu Stimmungsschwankungen und psychischen Veränderungen.“ Wird langfristig zu viel Cortisol in den Nebennieren produziert, steigt außerdem das Risiko, an Diabetes und Osteoporose zu erkranken, deutlich an – gerade bei Frauen in den Wechseljahren.
Was ist ein echtes Cortisol Face?
Um es nochmals zu betonen, für das oben beschriebene Krankheitsbild des Cushion-Syndroms, das übrigens mit etwa fünf Fällen unter einer Millionen Menschen äußerst selten auftritt, sind chronisch erhöhte Cortisolwerte erforderlich. Das Cortisol-Gesicht, wie es im Internet kursiert, ist dagegen kein medizinisch anerkannter Begriff und hat mit dem Syndrom auch wenig zu tun.
Was richtig ist, der Cortisol-Wert im Blut erhöht sich, wenn dauerhafter Stress vorliegt und die Nebennierenrinde dadurch anhaltend angeregt wird, zu viel von dem Stresshormon zu produzieren. Wiederkehrende emotionale oder psychische Belastungen, Schlafmangel, Hormonumstellungen, etwa in der Schwangerschaft oder der Menopause, sind mögliche Ursachen.
Ein Labortest verschafft Gewissheit
Wer an sich Veränderungen im Gesicht feststellt und glaubt, aufgrund von übermäßigem Stress ein „Cortisol Face“ zu haben, kann sich mit einfachen Stressbewältigungs-Maßnahmen helfen, die den Cortisol-Spiegel senken. Dazu gehören regelmäßige körperliche Betätigung, eine gesunde Ernährung und ausreichend Schlaf. Um sich Gewissheit zu verschaffen, lässt man sich am besten von einem Arzt oder einer Ärztin untersuchen.
Gemessen wird der Cortisol-Gehalt übrigens in Blut-, Speichel- oder Urinproben. Da er im Lauf des Tages sehr stark schwankt, sollten mehrere Messungen zu verschiedenen Tageszeitpunkten vorgenommen werden. Die normale Konzentration von Cortisol liegt um acht Uhr morgens im Blut von Erwachsenen bei etwa 4,8–19,5 µg/dl (entspricht 133–537 nmol/l). Die Cortisol-Konzentration aus 24-Stunden-Sammelurin sollte beim Erwachsenen etwa 21–292 µg/24h betragen. Quelle
Cortisol Face, Cushion Syndrom
CultureAndCream-Autorin aus München
Beruflich als Beauty-Journalistin zu reisen, war mir nicht genug. Sechs Monate Weltreise haben auch nicht gereicht. Immer wieder zieht es mich in andere Städte, fremde Länder, zu Roadtrips und an Locations, die man kennenlernen sollte. Mich interessieren nicht nur „culture“ und „cream“, sondern auch Menschen, die Geschichten zu erzählen haben. Auf solche Reisen möchte ich euch mitnehmen.