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Plädoyer für mehr Demut

Diese Nacht konnte ich schlecht schlafen. Ich habe mich im Bett hin- und hergewälzt, bin immer wieder aufgewacht. Vielleicht waren es die für mich ungewohnten alkoholischen Drinks auf der Hochzeit zweier lieber Menschen, zu der wir in Den Haag eingeladen waren. Vielleicht war es die romantische Zeremonie am Strand, die mich sentimental gestimmt hat.

Jedenfalls lag ich hellwach in meinem kuscheligen Hotelbett neben meinem friedlich schlafenden Lieblingsmenschen. Meinem Lebenspartner, Ehemann, Freund und Vertrautem seit mehr als 20 Jahren, 12 davon als Ehepaar. Ich lauschte seinen tiefen, gleichmäßigen Atemzügen. Doch mir selbst blieb die Traumpforte versperrt.

Mir gingen in dieser Nacht so viele Gedanken durch den Sinn. Ich beschloss, sie aufzuschreiben. Schon als junge Journalistin habe ich mir angewöhnt, immer ein Papier oder Diktiergerät greifbar am Nachttisch zu haben. Jetzt erfüllt diesen Zweck das Handy. Ich bin ein Nachtarbeiter. Im Dunkeln besuchen die besten Ideen meinen Geist.

Schlaflos in Den Haag

Aber zurück zu schlaflos in Den Haag. Der wichtigste Gedanke, der meine Gehirnzellen belagerte, war der, wie dankbar ich sein muss für dieses Leben. Wem auch immer mein Dank gebührt – dem Universum, einer höheren Macht, denn gläubig im Sinne der katholischen Kirche, von der mich meine Eltern taufen ließen, bin ich schon lange nicht mehr. Die Kirche ist für mich nur eine Institution mit meist mangelhaftem „Boden-Personal“, dem ich noch nicht mal mental Gefolgschaft leisten möchte. Aber sicher gibt es etwas, das unser Schicksal lenkt. Nennen wir es mal das Universum.

Von ihm fühle ich mich blessed, wie es im Englischen heißt. Gesegnet, reich beschenkt. Das wurde mir in diesen Nachtstunden mal wieder deutlich klar. Ich bin dankbar für meine überaus harmonische und bereichernde Partnerschaft, die jedem von uns beiden den nötigen Freiraum lässt, auf Liebe und gegenseitigem Respekt basiert. Ich bin dankbar für meine beiden einzigartigen Schwestern, meine Familie, die stets zusammenhält. Ich bin dankbar für meine überbegabte und oft zweifelnde Tochter, die ihren Weg und Lebenspartner in Thailand gefunden hat. Ich bin dankbar für die Menschen in meinem kleinen, aber engen Freundeskreis, auf die ich mich in guten wie in schlechten Tagen verlassen kann – und sie sich auf mich, versteht sich.

Demut im Herzen

Auch wenn die Zeiten für uns alle in den letzten Jahren schwieriger geworden sind – auch bei mir gibt es immer wieder Hochs und Tiefs – durch die Pandemie, den Ukraine-Krieg und vieles mehr. Dennoch sollten wir viel öfter mal innehalten und dankbar sein für das, was uns das Leben geschenkt hat anstatt sich immer nur zu beschweren woran es fehlt. Mit Demut im Herzen ist der Weg gleich weniger steinig und das Glas wieder halbvoll statt halbleer. So geht es mir zumindest. Und mit einer positiven Grundeinstellung gestaltet sich das tägliche Miteinander – egal auf welchem Schauplatz – gleich um so vieles einfacher.

Demut

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